Beginnt nie eine Doktorarbeit, wenn ihr das Lesen liebt! Denn nach und nach liest man immer weniger in seiner Freizeit, da man „bei der Arbeit“ quasi nichts anderes macht. Noch vor 2-3 Jahren habe ich immer mehrere Bücher gleichzeitig gelesen und es geliebt; mittlerweile muss ich mich manchmal dazu zwingen, endlich ein neues Buch anzufangen. Ganz schrecklich, aber ich weiß, dass sich das wieder ändern wird, wenn ich endlich einen Doktortitel habe und nicht mehr weiter Fachliteratur in meinen Kopf hämmern muss.

In „meinem“ Bücherbaum im Prenzlauer Berg bin ich vor kurzem auf „Educating Rita“ von Willy Russel gestoßen. Das Buch zählt hier wohl zur Schullektüre im Englischunterricht und da es faszinierend dünn war, habe ich es einfach mal mitgenommen (update: mittlerweile steht es wieder dort im Bücherregal und kann zu euch nach Hause kommen). Mir war der Titel zwar bekannt, aber da ich es nie in der Schule gelesen hatte, wußte ich nicht wirklich, worum es geht. Lediglich die Form, nämlich dass es ein Theaterstück ist, war mir bekannt 😉

Educating Rita

Inhalt: Susan, die sich Rita nennt, ist Friseurin und neu an der Open University eingeschrieben, da sie sich durch ein Literaturstudium selbst finden mag (und nicht dem Kinderwunsch ihres Ehemannes nachgeben mag, ohne etwas von der Welt gelernt zu haben). Sie trifft auf ihren Lehrer, Frank, welcher sehr sarkastisch auf sein Leben zurückblickt und augenscheinlich ein Alkoholproblem hat. In ihren Gesprächen ist er zunächst Mentor und sie Schülerin; wobei Rita immer wieder auf die persönliche Ebene geht und sich somit eine Beziehung zwischen den beiden entwickelt, die über eine reine Lehrer-Schüler-Beziehung herausgeht. Im Laufe des kurzen Stückes verändern sich beide Charaktere, wobei ich hier jetzt nicht verraten werde, wohin die Reise geht. Aber das Machtgefüge zwischen ihnen verringert sich und man merkt, dass die beiden Personen diese Balance wohl auch anstreben.

Meine Meinung: Das Buch liest sich (auch auf englisch) schön runter; die Sprache ist teilweise Slang und ich habe neue Worte gelernt. Die Personen sind beide etwas klischeehaft, aber sympathisch und man kann sich mit ihnen identifizieren. Es bringt die schöne Message rüber, dass man sein Leben bzw seine Träume anpacken und nicht einfach kapitulieren soll. Man soll sich finden, überlegen, was einen glücklich macht und diese Ziele verfolgen anstatt sich dem bisherigen Alltagstrott zu beugen. Aber es wird auch thematisiert, wie man an seinem Leben zerbrechen kann und wie schwer das Aufstehen nach einem Fall sein kann. Die Dialoge haben mich teilweise zum Schmunzeln und teilweise zum Nachdenken gebracht und das ist eine gute Mischung! Da die einzelnen Szenen recht kurz sind, kann man es sehr gut in der Bahn etc lesen, was für mich oft ein Pluspunkt ist. Man kommt auch schnell wieder rein, wenn man die Lektüre unterbrechen musste.

Das Buch gehört für mich zu den „english classics“, die man eben irgendwann einmal gelesen haben muss und das habe ich nun. Es ist keine Weltliteratur, aber eben ein nettes, kurzes Stück. Man (bzw ich) kann es auch der „coming of age“-Literatur zuordnen; die Protagonistin ist zwar schon längst aus ihren Teeniejahren heraus, aber trotzdem sind die Elemente wie Selbstfindung, Nachdenken über das eigene Leben und die eigenen Ziele, vorhanden. Persönlich sehe ich es auch als ein sehr gutes Jugendbuch an, bei welchem man ganz nebenbei noch ein paar tolle Literaturtipps bekommt, was man als nächstes lesen sollte.

Verfilmt wurde das Buch 1983 auch, die beiden Hauptdarsteller haben einen Golden Globe dafür bekommen und auch wenn ich Buchverfilmungen nicht sonderlich mag, würde ich mir diesen Film gerne einmal ansehen. Wobei, ganz ehrlich, würde ich lieber ins Theater gehen und es mir dort ansehen! Denn was ich aus diesem Stück für mich selbst mitgenommen habe, ist die Tatsache, dass ich schon viel zu lange nicht mehr im Theater war. Irgendwie mag das nämlich niemand in meinem Umfeld und alleine wollte ich bisher auch nicht gehen..aber wieso eigentlich nicht, ich sollte mich das einfach einmal trauen!

Wenn ihr das Buch zufällig mal in der Bibliothek seht, nehmt es euch mal raus und lest die ersten paar Seiten an. Gefallen sie euch, habt ihr in 2 Stunden das Stück verschlungen und findet es vielleicht ebenso sympathisch wie ich 🙂 Und seid natürlich um ein paar lustige Liverpooler Schimpfworte bereichert!