Natürlich ist Ich bin dann mal weg: Meine Reise auf dem Jakobsweg von Hape Kerkeling kein Geheimtipp mehr, ich denke, so ziemlich jeder in Deutschland hat von diesem Buch schon einmal gehört. Es stand ja über 100 Wochen an der Spitze der Bestseller-Liste, was wirklich verrückt ist. Lesen wollte ich es nie und das aus dem banalen Grund, dass ich ungerne Erfahrungsberichte von Dingen lese, die ich auch selbst noch machen mag. Denn ich will ganz unvoreingenommen meine eigenen Erfahrungen machen, was Vor- und Nachteile hat, keine Frage, aber so bin ich nun mal.

Allerdings will ich nicht wirklich die Strecke laufen, die Hape hier gegangen ist, sondern die Via de la Plata, den Jakobsweg einmal quer durch Spanien. Geplant war dieser für 2020, daraus geworden ist bisher noch immer nichts und ich glaube auch nicht, dass ich ihn dieses Jahr gehen werde. Somit war es dann also doch Zeit, wenigstens ein bisschen in Lektüreform mal wieder rauszukommen und mitzulaufen.

Worum geht’s

Hape nimmt uns in Tagebuchform mit auf seine 600km lange Pilgerwanderung von der französischen Grenze bis nach Santiago de Compostela. Da er bis dato eher wenig Wandererfahrung hat und nicht wirklich in Form ist, gerät er hier schnell an seine Grenzen. Wobei er allerdings nicht aufgibt, sondern mit Witz, Humor und manchmal auch reiner Verzweiflung und absurden Zufällen immer weiter gen Westen läuft. Dabei lernt er spannende Menschen kennen, reflektiert viel sein eigenes Leben und auch seine Beziehung zu Gott.

Wie ist’s

Es lässt sich nur so runter, da es einfach, witzig, aber auch etwas fesselnd geschrieben ist, da man wissen will, ob er denn wirklich an seinem Ziel ankommen wird. Durch die Tagebuchform wirkt es sehr persönlich, als würde Hape uns in seinen Kopf schauen lassen und gibt einem durchaus das Gefühl, selbst mitgelaufen zu sein. Finde ich gut gemacht und somit eine herrliche, leichte Sommerlektüre, bei der man gut abschalten kann. Einige Parallelen zu meinen eigenen Wandererfahrungen (z.b. viel zu viel Gepäck am Anfang) habe ich auch entdecken können, was ich lustig fand. Ein paar Bilder illustrieren die Geschichten noch sehr schön.

Was mir besonders gefiel, war die Tatsache, dass Hape nicht verbissen an seinem Vorhaben festhält, sondern zeigt, dass „Scheitern“ und „Aufgeben“ nicht negativ behaftet sein müssen. Dass es eben viel besser ist, auf seinen Körper zu hören und wenn der einem sagt, es geht heute nicht, das dann auch zu befolgen. Hier gibt es keinen Leistungsgedanken, kein „du musst da durchpowern“, sondern ein „es ist ok, wenn du heute Pause brauchst“ und genau das finde ich in unserer heutigen Welt so wichtig. Wo ja gefühlt alles nur nach Leistung bemessen wird und wir uns dabei kaputtmachen. Danke hierfür, das hat bestimmt einigen Lesern geholfen!

Da ich mit Hape Kerkeling als Person nicht sonderlich viel verbinde und (es tut mir leid) auch nicht so interessiert an ihm bin, hätte ich auf seine persönlichen Rückblenden bezüglich seiner Kindheit und seines Werdegangs verzichten können. Da das aber immer nur ein paar Seiten waren, habe ich sie entweder überflogen oder halt überblättert. Ähnlich ging es mir, wenn das Thema „Gott“ zur Sprache kam, da mich das einfach nicht interessiert. Für eine Pilgerreise spielt es in diesem Buch aber eine untergeordnete Rolle, womit ich die Lektüre auch Menschen empfehlen kann, die da keinerlei Interesse dran haben – einfach überblättern.

Dafür, dass ich es eigentlich nicht lesen wollte, bin ich sehr positiv überrascht worden, da ich die leichte, witzige Schreibart sehr angenehm fand. Solltet ihr es noch nicht gelesen haben, als Urlaubslektüre eignet es sich hervorragend. Ich fand es (passenderweise) beim Wandern auf der Bonifatius Route in einem öffentlichen Bücherschrank und sage einfach mal, es sollte wohl sein, dass wir uns jetzt treffen. Denn ich habe gute Laune bekommen und noch mehr Lust, selbst wieder lange durch die Welt zu laufen!