Die letzten Tage hatte ich „Die Girls von Riad“ von Rajaa Alsanea immer in der Tasche, wenn ich das Haus verlassen habe. Das Buch war mein letzter Fund im öffentlichen Bücherregal und kann jetzt mit seinen Freunden dort wieder hingestellt werden. Als ich es vor einigen Wochen erblickte, freute ich mich sehr, da ich es schon einmal im Buchladen in der Hand hatte, aber doch wieder zurückgelegt hatte. Die zweite Chance wurde also direkt genutzt und ich habe es nicht bereut!

Die Girls von RiadPinke Cover („Chicklit“) in Kombination mit dem „Spiegel Bestseller“-Aufkleber sind eigentlich zwei Faktoren, die mich abschrecken würden. Hier hat mich aber ganz klar das Wort „Riad“ im Titel gekriegt, da ich mich nicht erinnern konnte, schon einmal ein Buch einer saudiarabischen Autorin gelesen zu haben. So eine Bildungslücke muss natürlich geschlossen werden und ich sah mir den Buchrücken genauer an:

„Kamra und ihre Freundinnen sind jung, hip und abenteuerlustig. Sie wollen das Leben genießen und sich verlieben. Doch was im Rest der Welt zum Erwachsenwerden einfach dazugehört, ist in ihrer Heimat Saudi-Arabien ein Tabu. Es wird zur unüberwindlichen Hürde in einer Kultur, in der man zwar „Sex and the City“ im Fernsehen empfangen, als Frau aber nicht allein mit einem Mann in einem Zimmer sein darf…“

Als ich mit dem Lesen begann, war ich zunächst etwas vom Format verwirrt. Wir haben eine Protagonistin, die den Leser kurz direkt anspricht, in dem Buch aber Emails schreibt und diese werden dann gedruckt. Diese Emails kann jeder empfangen, der sich in eine Liste einträgt und auch mit der Autorin kommunizieren. Wir lesen also die Geschichte der vier Frauen, um die es geht, in den Emails, bekommen dann von der Schreiberin immer ein paar Worte, wie die Emails aufgenommen werden und dann gibt es pro Kapitel immer noch ein Einstiegsgedicht/-zitat. Da muss man erst einmal durchblicken 😉

Inhaltlich gefällt mir das Buch sehr gut, da es einen Blick auf eine unbekannte Welt preisgibt, den ich bisher kaum gelesen habe. Viele Dinge, die angesprochen werden, kennt man aus den Medien, aber mit einer persönlichen Geschichte werden die Themen ansprechender und lassen einen nicht los. Man mag wissen, wie es mit den Figuren weitergeht! Das Verhältnis von Liebe, Sex und islamischer Tradition wird sehr vielseitig beschrieben, der wichtige Aspekt der Arbeitsmigration (und der Frauen, die unfreiwillig in der Fremde leben müssen) und Rückkehr ins Heimatland hat mich besonders angesprochen, da ich diesen in Indien selbst mehrmals erlebt habe.

Das Datingverhalten der Protagonisten ist besonders interessant, da beschrieben wird, auf welch unterschiedlichen Wegen dies geschieht. Verbotenerweise in der Stadt oder eben über das Internet und Telefon. Man fiebert ein wenig mit und leidet auch mit, wenn es zu gezwungenen Hochzeiten und (psychischer) Gewalt kommt. Es ist jedoch kein Buch, was man die halbe Nacht hindurch liest, man kann es getrost einmal zur Seite legen, ohne vor Spannung zu sterben. Praktisch sind die kurzen Kapitel, die super sind, um es in der Bahn/im Bus eben auch nur einige Minuten zur Hand zu nehmen.

Der Schreibstil sagt mir allerdings nicht sehr zu; es ist sehr langweilig und auch wenn immer mal wieder ein paar spannende Anmerkungen zu Dialekten gemacht werden, motiviert er mich nicht, mehr von der Autorin lesen zu wollen. Die Sprache ist einfach, die Sätze ebenso, man kann es schnell runterlesen, aber ein wirklicher Genuss ist es nicht. Wenn man sich komplett entspannen will, kann man das mit diesem Buch aber definitiv, da es keiner Anstrengung bedarf 😉

Großer Pluspunkt des Buches ist ganz klar das Thema, welches Neuland für mich war und mir viele neue Perspektiven vermittelt hat. Somit sehe ich sogar von dem monotonen Schreibstil ab und empfehle euch das Buch weiter, wenn ihr denn Interesse an dem Thema habt. Der Roman wurde in Saudi-Arabien übrigens  zunächst (wie zu erwarten war) verboten und wurde auf dem Schwarzmarkt wie verrückt gehandelt! Seit kurzem wurde er allerdings erlaubt, was für die Autorin (und wohl alle Frauen in Saudi-Arabien) ein großartiger Sieg über die Zensur ist. Allein, um das zu unterstützen und zu zeigen, dass ihre Arbeit verdammt wichtig ist, stelle ich euch dieses Buch vor!

Spricht euch dieses Buch thematisch an? Dann lasst euch nicht von dem pinken Cover täuschen 😉 Mir hat dieser Ausflug in eine andere Region sehr gefallen, durch mein Studium lese ich sonst immer nur Bücher zum Thema Indien, somit war Saudi-Arabien quasi ein literarischer Kurzurlaub!

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