Von Claire Keegan hatte ich zwar schon häufiger gehört, aber bisher nie ein Buch der irischen Schriftstellerin in der Hand gehalten. Das hat sich jetzt aber zum Glück geändert und ich das recht dünne Werk Small Things like These von Claire Keegan in einem Rutsch durchgelesen! Darüber will ich euch nun etwas mehr erzählen, denn manchmal können einen auch wenige Seiten lange zum Nachdenken bringen 🙂
Worum geht’s
Das Buch spielt im Jahre 1985, kurz vor Weihnachten, in einer irischen Stadt und folgt dem Alltag von Bill Furlong. Dieser ist verheiratet, hat einige Kinder und ist dafür zuständig, dass alle Menschen mit genug Kohle versorgt sind. Bei einer seiner Lieferung an das hiesige Kloster sieht er mit eigenen Augen, was dort mit unehelich schwangeren Mädchen geschieht und muss für sich selbst eine Entscheidung treffen.
Wie ist’s
Zu Beginn war ich etwas verwirrt, was eigentlich passiert, da immer wieder Bills Vergangenheit thematisiert wird, aber eben nicht allzu klar, sondern in reduzierter Form. Wir lernen, dass er ohne Vater aufgewachsen ist, was zu seiner Zeit sehr verpönt war. Doch ist das Buch so fesselnd geschrieben, dass man sich davon nicht abhalten lässt und weiter liest. Wir lernen nach und nach, wie die irische Gesellschaft von katholischen Glaubens- und Moralvorstellungen zu dieser Zeit dominiert wurde und welche Auswirkungen dies hat. Besonders Leidtragende sind hierbei Frauen, die unehelich schwanger geworden sind.
Diese schwangeren Frauen mussten nämlich in von der katholischen Kirche geführten „Mother and Baby Homes“ bis zur Geburt leben und arbeiten. Dabei wurden sie alles andere als gut von den Nonnen behandelt, gleichzeitig ausgebeutet und ihnen oftmals am Ende noch ihr neugeborenes Baby abgenommen. Dieses wurde dann ohne ihr Einverständnis zur Adoption freigegeben. Ein absolut schreckliches, vor nicht allzu lang geschehenes Kapitel der irischen Geschichte, welches heute zum Glück weiter aufgearbeitet wird. Laut Google wurde das letzte Heim erst 1998 geschlossen, stellt euch das mal vor.
Da ich allgemein bisher wenig über die irische Geschichte gelernt habe, war auch dieses Thema Neuland für mich. Definitiv nicht überraschend, aber ich wusste nicht, dass es solche schlimmen Einrichtungen unter dem Deckmantel des Schutzes gab. Claire Keegan haut einem dies auch nicht sofort ins Gesicht, sondern lässt es den Leser gemeinsam mit Bill entdecken, welcher es zwar eigentlich schon weiß – wie der Rest der Stadtbewohner – es aber doch nie mit eigenen Augen gesehen hat. Nachdem dies geschehen war, wird es zu einem persönlichen Thema für ihn mit seiner eigenen Vergangenheit und er muss sich der Frage stellen, ob er wie der Rest der Bevölkerung schweigend weg sehen kann oder etwas unternehmen will.
Ein sehr atmosphärisches, für mich in den Winter passendes, wunderbar geschriebenes Buch mit einem Thema, welches einen auch nach der Lektüre nicht loslässt. Stattdessen sucht man nach Zeitungsartikeln und schaut sich noch 1-2 Dokus dazu an. Claire Keegan hat hier für mich genau die richtigen Dinge vereint: wahre, für mich neue und interessante Begebenheit + fesselnden Schreibstil! Ich will unbedingt noch mehr von ihr lesen und kann euch Small Things like These ans Herz legen, denn mir hat es insgesamt sehr gut gefallen, wobei es auch gerne noch etwas länger hätte sein dürfen.