Nachdem ich meine Gedanken zu diesem Buch erst einmal für eine Woche sacken lassen musste, kann ich euch nun ein bisschen über I love you but I’ve chosen darkness von Claire Vaye Watkins erzählen. Wie genau ich auf das Buch aufmerksam wurde, weiß ich gar nicht mehr, vielleicht war es einfach direkt vor Ort in der Bibliothek, da mich das Cover auf jeden Fall angesprochen hat.
Worum geht’s
Unsere namenlose Erzählerin (oder heißt sie Claire wie die Autorin?) ist vor kurzem Mutter geworden und scheint unter einer postpartalen Depression zu leiden, wobei sie sich nicht sicher ist, wo diese auf- und eine „normale“ Depression anzufangen scheint. Sie lässt ihren Ehemann und das Baby zuhause, um arbeitsbedingt zu einer Lesung nach Reno zu fliegen, wo sie sich mit alten Freunden trifft und ihr Alltag sich dadurch schlagartig ändert. Statt wie geplant danach wieder zurück zu ihrer Familie zu fliegen, fährt sie in die Mojave Wüste, wo sie selbst aufgewachsen ist und versucht, ihre Kindheit, ihre Eltern und ihr Sein mit all seiner Traurigkeit besser zu verstehen.
Wie ist’s
Wir haben ein Buch, welches auf unterschiedlichen Zeitebenen spielt und das Leben verschiedener Personen näher erleuchtet, was wohl relevant für die Hauptperson zu sein scheint. Für mich war das aber teilweise sehr verwirrend a la „was lese ich da“ und „warum lese ich das“, da sie sich eeeeeewig mit der Geschichte ihres Vaters (der in die Charles Manson Morde verwickelt war) aufhält, mir das aber nichts für die Story gibt. Ihre Mutter lernt man durch Briefe, die sie einer Cousine schreibt, chronologisch rückläufig kennen und auch hier habe ich oft einfach nicht verstanden, wieso ich das lese. Aber ich mochte, dass das Medium Brief so häufig genutzt wurde und auch die gegenläufige Chronologie war spannend – nur irgendwie haben diese tollen Ideen nicht zum Lesegenuss beigetragen, da der Inhalt hier langweilig/unwichtig war.
Wenn wir in die aktuelle Handlung und das Denken/Leben mit postpartalen Depressionen kommen, fand ich die Schreibweise von Claire Vaye Watkins wiederum super. Unkonventionell, fesselnd, überraschend und man ist manchmal geschockt oder muss manchmal laut lachen, da es so absurd ist. Dann wiederum kommt ein Satz, der mitten ins Herz geht und nachhallt. Die Hauptperson scheint auf der Suche nach sich zu sein bzw scheint sich verloren zu haben und will sich nun wieder finden, was in sich spannend ist. Dabei lebt sie nach ihren eigenen Regeln, handelt teilweise enorm egoistisch, hinterfragt das aber auch nicht und dadurch wird es ein bisschen faszinierend. Nicht unbedingt sympathisch, aber man will mehr über ihr Denken und ihre Motivation erfahren. Wäre das Buch komplett in dieser Art geschrieben, hätte es mir richtig gut gefallen, aber durch diese anderen Zeitebenen, deren Sinn ich leider nicht wirklich sehen kann, musste ich mich zum Lesen zwingen. Aufgeben wollte ich aber nicht, denn das Ende wollte ich doch herausfinden!
Ohne vorher etwas über die Autorin zu wissen, fragt man sich beim Lesen direkt, wieviel der Geschichte von ihrem eigenen Leben inspiriert wurde, denn es fühlt sich sehr echt und roh an. Wodurch es hier absolut unangenehme Momente gibt, da man das Gefühl hat, zu tief in die Psyche dieser Person einzudringen, aber ich denke, dass genau das von ihr beabsichtig wurde. Sie will dem Leser diese Gratwanderung ermöglichen und ihn immer mal wieder zum Stolpern bringen, genau, wie es die Protagonistin tut.
Irgendwie gut, aber irgendwie über lange Strecken auch so gar nicht meins und ich bin sehr zwiegespalten, ob ich noch etwas von Watkins lesen mag. Wobei sie hat noch einen Geschichtsband, vielleicht wäre der eher was für mich 😉 Kennt ihr dieses oder ein anderes Werk von ihr? Konntet ihr mehr damit anfangen? Denn ich denke ja, hier liegt es definitiv an mir und nicht an dem Buch, dass ich seine genial konstruierte Magie nicht verstehe, wie andere das tun.