Seit Jahren (ich würde fast schon seit einem Jahrzehnt sagen) steht das Buch Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins von Milan Kundera auf meiner Lesensliste. Einerseits wollte ich diesen Klassiker dringend lesen, doch andererseits dachte ich nie daran, wenn ich Bücher bestellte, wodurch es eben doch immer wieder in Vergessenheit geriet. Als ich es letzt im öffentlichen Bücherschrank entdeckte, machte ich einen kleinen Freudenhupfer, denn nach all den Jahren kamen diese so großartig angepriesene Liebesgeschichte und ich endlich zusammen!
Worum geht’s Der Buchrücken sagt, es geht um die Liebesgeschichte zwischen dem Arzt Tomas aus Prag und dem Mädchen Teresa aus der Provinz, aber das ist mal eine kleine Untertreibung, denn es geht um so viel mehr. Das Buch beginnt mit dem Kennenlernen der beiden, was Teresa als Ausweg aus ihrem Landleben sieht und zu Tomas zieht. Dieser ist etwas überfordert von dieser Situation, denn er kann nicht nur eine Frau begehren. Seine zahlreichen Affären gefährden die Beziehung zu Teresa, die mit wahnsinniger Eifersucht reagiert. Aufgrund des Prager Frühlings müssen die beiden in die Schweiz fliehen, wo sie jedoch auch nicht glücklicher werden und nach einiger Zeit (zunächst getrennt) zurück in ihre Heimat kehren.
Wie ist’s Das Buch wird all seinen Huldigungen gerecht, es ist phänomenal geschrieben. Kundera schreibt mit einer Leichtigkeit, die einen nur so durch das Buch schweben lässt, obwohl die Themen alles andere als seichte Kost sind. Er hat mich zum Lachen gebracht, da er es schafft (ich glaube im vierten Kapitel war es), einen Bogen von Stalin’s Sohn Selbstmord, zu menschlichem Kot, zu dessen Fehlen im Christentum, zu Kitsch und Kunst in Russland zu schlagen. Man weiß nie, was einen erwartet, eine reine Liebesgeschichte bekommt man nicht, sondern noch so viel mehr. Kundera überrascht, schlägt Wege ein, die man als Leser einfach nicht kommen sieht und schweift manchmal so weit vom Weg ab, dass man ganz vergisst, wo die Reise eigentlich hingeht. Dabei lernt man wahnsinnig spannende Dinge über diese politisch so brisante Zeit und allem vorneweg schafft er das, was nur wenige Autoren können. Er beschreibt Stimmungen und Atmosphäre so detailliert und nachvollziehbar, dass man mit den Personen in diesem Buch lebt und auch wenn man sich nicht unbedingt in sie hineinversetzen kann, man ist dort mit ihnen. Und ja, ich saß am Ende in der Bahn und musste meine Tränen wegblinzeln.
Im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich so lange gewartet habe, dieses Buch zu lesen, aber andererseits war es auch genau das Richtige für diesen Moment in meinem Leben. Zum letzten Mal gelesen, habe ich es nicht, auch wenn ich dieses Exemplar wieder in den Bücherschrank gebracht habe – denn auch wie bei all meinen tollen Couchsurf-Erfahrungen gehe ich davon aus, dass man sich eben doch zweimal im Leben sieht (menschlich klappt das übrigens echt überraschend gut).
Kennt ihr dieses Werk? Könnt ihr mir noch ein anderes Buch von Kundera empfehlen? Was lest ihr gerade?