Schlagwort: Ethnologie

[Lesenswert] Euphoria – Lily King

Über Euphoria von Lily King bin ich zufällig vor längerer Zeit im Dussmann gestolpert, als ich in der englischen Bücherecke etwas stöberte. Eigentlich wollte ich es mir auch sofort kaufen, doch dann dachte ich mir, ich schaue mal, ob meine Bibliothek (das Grimm-Zentrum direkt um die Ecke) es nicht auch hat. Ist ja immerhin irgendwie wissenschaftlich, als ethnologisch relevant, wenn es auch Fiktion ist. Und ich hatte Glück, zwar war es noch wochenlang ausgeliehen und auch nur auf deutsch verfügbar, aber ich konnte es vorbestellen und vorletzte Woche endlich abholen.

Euphoria Lily King

Worum geht’s Lily King läßt sich vom realen Leben der Ethnologie Margaret Mead und ihrer gemeinsamen Forschung mit deren Mann in Neuguinea Anfang der 1930er Jahre inspirieren. Im Buch heißt die junge Amerikanerin Nell Stone, welche mit ihrem Mann Fenn einige Jahre schon geforscht hat und nun in Australien auf den britischen Ethnologen Andrew Bankson stößt, von welchem sowohl sie als auch ihr Mann fasziniert scheinen. Gemeinsam philosophieren sie über ihre jeweilige Feldforschung mit ihren Hindernissen und Ergebnissen und sind verzweifelt-motiviert, mit ihrer Forschung am Sepik doch noch „brauchbare“ Daten zu bekommen. Nell und Fenn lassen sich bei den Tam nieder, die sie zu erkunden versuchen und Andrew kommt immer wieder zu Besuchen vorbei, die zwar fruchtbar für die Forschung, aber auch zerstörerisch für diese fragile Dreiecksbeziehung sind. Nell und Andrew kommen sich immer näher, während Fenn einen gefährlichen Plan hat, wie er sich in der Fachwelt profilieren kann.

Wie ist’s Absolut grandios, ich habe das Buch nur so verschlungen und mir gewünscht, ich hätte es schon zu Beginn meines Ethnologiestudiums lesen können. Es ist Fiktion, aber man nimmt doch viel daraus mit, wie es sich „im Feld“ lebt und ich habe mich oft an meine eigene Forschung in Indien erinnert gefühlt. Wobei das um Welten „weniger einsam“ war, konnte ich ja niemanden mehr „entdecken“, sondern nur versuchen zu verstehen, wie die Menschen dort ihrer/unserer Welt Bedeutung verleihen. Man sympathisiert mit Nell, Fenn wird einem zusehends unsympathischer und der Underdog Andrew bekommt zwar mein Herz, aber leider nicht alles in dem Roman, was er sich wünscht. Auch wenn das Thema zunächst nach Wissenschaftspublikum klingt, ich glaube, dass sich jeder darin verlieren könnte, geht es eben nicht nur um Forschung, sondern um Selbstfindung, Liebe, Eifersucht, Macht, Wut, Habgier und dem Drang nach noch „immer mehr“. Die „sinnlichen“ Stellen hätte man wegen mir weglassen können, doch machen sie durchaus Sinn, wenn man bedenkt, was die wirkliche Margaret Mead eben so erforscht und publiziert hat und es sie geben dem Roman auch eine weitere Spannungsebene.

Der Schreibstil von Lily King ist fesselnd, flüssig und lässt einen sich gut in die jeweilige Situation einfinden. Man hat das Gefühl, man erfährt, wie es war, früher zu forschen, als es noch ein Abenteuer war und man nicht nur noch ins Flugzeug steigen musste. Da ich selbst nach Papua-Neuguinea zwecks meiner Doktorarbeit wollte, bereue ich es bei diesem Bericht doch, es nicht getan zu haben, aber manchmal passen die äußeren Umstände einfach nicht. Nach wie vor fasziniert mich die Ecke aber und ich würde am liebsten sofort selbst hin mit nichts außer einem dicken, leeren Buch und meiner Kamera. Wer eine etwas andere Sommerlektüre oder eben einen Liebesroman in ungewöhnlichem Setting sucht, dem lege ich diesen Roman sehr ans Herz – man kann ihn in zwei Tagen auch locker durchlesen!

Habt ihr das Buch zufällig schon gelesen oder davon gehört? Mein Ethnologenherz hüpft immer, wenn es über den wissenschaftlichen Tellerrand hinausgeht und solche Bücher dürften dazu beitragen, dass ich nicht immer in verwirrte Gesichter schaue, wenn ich sage, dass ich Ethnologin bin..wenn auch so eine langweilige, neumodische Vertreterin, die nicht mehr tagelang mit dem Kanu, sondern nur ein paar Stunden mit dem Flugzeug bis zu ihrem „Feld“ braucht – und ja, ich wäre wahnsinnig gerne in den 30er Jahren an den Sepik gegangen und wahrscheinlich an Malaria erkrankt 😉 

[Video] Mein Leben in Indien

Wer noch meinen alten Blog gelesen hat, der weiß, dass ich schon mehrmals in Indien war. Genaugenommen war ich drei mal für je sechs Monate dort..somit kann man nicht unbedingt von einem „Leben“ a la Auswanderung sprechen, aber ich weiß doch, wie der Hase dort hoppelt 😉 Ich wurde auf Youtube gefragt, ob ich da nicht ein wenig drüber erzählen kann..in „wenig“ bin ich schlecht, da ich seeeeehr viel zu erzählen habe. Somit habe ich mich mal an der ersten Folge versucht und sie zum Thema „wieso, weshalb, warum und wie“ gestellt:

Vielleicht spielt der ein oder andere von euch ja mit dem Gedanken mal nach Indien zu fahren, ein Praktikum im Ausland zu machen etc etc 🙂 Ich habe das damals kurz vor Abschluss meines Magisters in Ethnologie gemacht (also Urlaubssemester genommen, Praktikum/Stipendium besucht und schwupp) und kann es nur jedem empfehlen. Lasst es euch nicht erzählt, lasst es euch selbst erleben 😉

Wenn ihr Fragen habt, Reisetipps wollt (dazu bin ich ganz gut, weiß auch schon Marco Polo & HRS) oder mehr von „meinem Indien“ hören wollt, freue ich mich natürlich! Allerdings bin ich auch sehr neugierig und fände spannend zu erfahren, wo ihr schon so wart, was ihr da gemacht habt und wo ihr noch hin wollt! Ich sitze hier ja auf brennenden Kohlen, dass sie die Vergabe der Working Visa 2014 für Kanada starten..wenn alles klappt und ihr mir Daumen drückt, sehen/lesen wir uns bald aus Vancouver 😉

Bodi Bill hoeren und packen!

Da ich gerade folgendes hoere, muesst ihr es einfach auch mal (kennt bestimmt jeder..aber ich liebe, liebe, liebe dieses Lied..das ist einfach Berlin pur fuer mich). Also anklicken und dann weiterlesen:

Heute ist der Tag. Ich muss mein Leben hier in Berlin in Kisten packen und Platz fuer die Zwischenmieterin (die liebe Anke!) schaffen. Und ganz ehrlich, das ist ein sehr komisches Gefuehl. Die privaten Sachen, und Buecher und Klamotten und diversen Kram, den ich hm..nicht so in eine Kategorie ausser vllt „Leben“ einordnen kann, werden in Kisten gepackt und diese Kisten im hinteren Winkel meines begehbaren Kleiderschranks verfrachtet. Die Kueche wird – soweit das eben geht – leer gegessen 😉 (ok, in meinem Kuehlschrank ist Wassereis und Brotaufstrich, somit ist das nicht allzu schwer). Dann hab ich mir hier noch Stapel gemacht, was ich mit dem Zug quer durch Deutschland schleppen mag und was ich morgen ganz dreist mit der Post schicke..diese beiden Stapeln sind glaube ich seeeeeehr viel hoeher als der Inhalt meiner Koffer zulassen wird. Aber damit befasse ich mich dann spaeter erst.

Wieso das eigentlich alles? Ja, also, hier ein kurzer Erklaerungsversuch. Ich schreibe zur Zeit ja meine Doktorarbeit und muss dazu auch raus in die Empirie und forschen. Meine Empirie ist Indien, genauer gesagt Varanasi. Dort werde ich von Ende September bis Ende Januar leben, Hindi lernen und mich einfach nur treiben lassen (und natuerlich forschen! Das ist ja der Sinn des Ganzen). Naeheres hierzu, falls das den ein oder anderen interessiert, werde ich in meinem Zweitblog posten. Den (noch isser nur eine Adresse und absolut in Rohform, das kommt erst die Tage) findet ihr hier.

Warum ein Zweitblog? Nunja, er ist in erster Linie fuer meine Famile und Freunde, da wird es viele Bilder geben und halt meine unzensierten Gedanken 😉 Hier werde ich weiterhin schreiben und bloggen, aber von der Existenz dieses Bloges wissen nur sehr wenige Menschen, die mich persoenlich kennen (hallo ihr!) und das will ich auch so lassen. Weil ich glaube, dass ich dann halt anders schreiben wuerde, wenn auch unbewusst, aber naja..es waere schon anders und anders mag ich nicht. Ich mag es naemlich genau so wie es ist.

In Varanasi war ich selbst schonmal ein paar Tage. Ich habe von 2007-2008 in New Delhi gelebt und von dort sind wir (mein Exfreund und ich) immer mit dem Zug rumgereist. Mal sehen, wie Indien nun so ganz on my own ist..ich freue mich wahnsinnig und kann es eigentlich gar nicht mehr abwarten. Aber uneigentlich werde ich Berlin vermissen wie Sau (sorry, aber dieser Ausdruck passt am Besten). Ich liebe diese Stadt, die Leute, die ich hier bis jetzt kennenlernen durfte (und von denen ich mich fast schon komplett verabschiedet habe..drei Abschiede stehen noch aus). Ich liebe das Lebensgefuehl, was ich hier habe, dieses „tu oder lass es uns doch egal“. ich werde meinen Hund vermissen, das Fahrradfahren, ganz besonders das Weggehen und und und..aber was das alles weniger schlimm macht, ist das Wissen, Mitte Februar bin ich wieder hier. Und zwar genau hier. In meiner Wohnung, welche aussehen wird, wie ich sie verlassen habe (hoffe ich..)..und auch mein Hundi wird weiterhin da sein..und hoffentlich meine Freunde auch 🙂 Somit ist die Vorfreude doch sehr viel staerker als diese Abschiedsstimmung..es ist eher eine Aufbruchsstimmung mit dem „bis bald“-Gedanken..ja, so passt das 🙂

Also wer Interesse an einigen Indieneinblicken hat, ich freue mich natuerlich ueber jeden Leser 🙂 Und nun werde ich mal weiterpacken und weiteressen..es gibt noch soviel, was ich nochmal essen muss, was ich dann einige Monate nicht haben werde. Ich weinte ja den Lebkuchen hinterher..aber hey, heute im Rewe habe ich schon welche gefunden *g*

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