Nachdem mich die Nebenwirkungen einer Impfung (nein, nicht Corona, die habe ich schon lange alle) umgehauen haben, konnte ich die Zeit zwischen den Kopfwehattacken immerhin zum Lesen nutzen. Somit habe ich mir Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken von John Green geschnappt, da ich seine Bücher als immer gut geschrieben und leicht zu lesen in Erinnerung hatte.
Worum geht’s
Unsere Erzählerin ist Aza Holmes, 16 Jahre alt und sie hat neben den „typischen“ Teenagerproblemen noch mit Zwangsstörung zu kämpfen. Für Aza ist die Welt und alles in ihr lebende sehr gefährlich, da sie aus Bakterien besteht und genau diese ihr Angst einflößen. Vor eine besondere Herausforderung wird sie nun gestellt, als sie sich verliebt und merkt, wie sehr sie einerseits z.b. Intimität will, andererseits aber wahnsinnige Probleme aufgrund ihrer Zwangsstörung damit hat. Achja, ganz nebenbei wird noch von ihr versucht, das Verschwinden ihres Freundes Vaters aufzuklären.
Wie ist’s
John Green kann einfach schreiben, das beweist er auch mit diesem coming of Age-Roman erneut. Wobei ich sagen muss, dass es durchaus auch ein für Erwachsene spannend zu lesender Jugendroman ist, denn die Themen Zwangsstörungen, Panikattacken und Depressionen werden sehr gut angesprochen und dies eben aus Teenagersicht. Gleichzeitig wird auch darauf eingegangen, wie machtlos man als Aussenstehender ist, der so gerne helfen will, aber einfach nicht weiß auf welche Weise er das tun kann bzw manchmal auch eben nichts tun kann. Dass Aza zu einer Psychologin geht und dies immer wieder thematisiert wird, fand ich sehr gut. Ich hoffe zwar, dass wir mittlerweile in einer Welt leben, in der psychische Erkrankungen immer weniger ein Tabu sind, bin mir aber auch bewusst, dass das eben nur in meiner „Bubble“ so sein kann. Somit finde ich es wichtig, dass es hier als Alltagsrealität beschrieben wird.
Die Liebesgeschichte zwischen Aza und Davis entfaltet sich auf verschiedenen Ebenen, da Aza mit Körperlichkeit aufgrund ihrer Erkrankungen nicht gut umgehen kann und auch gar nicht weiß, ob sie das will. Somit geschieht einiges auf der virtuellen Ebene und diese Teenagergespräche sind dann für mich als erwachsene Person teilweise etwas langweilig zu lesen. Was John Green durch andere Formulierungen und Wandlungen aber wieder ausgleicht, also wirklich langweilig wurde mir beim Lesen nie. Insgesamt liest sich das Buch sehr schnell runter, da man wissen mag, wie es mit Aza und Davis weitergeht.
Sehr schön fand ich, dass das Buch sich nicht nur auf diese Liebesbeziehung thematisiert, sondern auch auf die Mutter-Tochter-Beziehung, die nicht einfach ist und nach dem unerwarteten Tod des Vaters noch holpriger wurde. Auch die Beziehung zwischen Aza und ihrer besten Freundin, die durch ihre Zwangsstörung immer wieder belastet wird, wird wunderbar intensiv herausgearbeitet und man kann alle Seiten sehr gut verstehen.
Und um kurz noch zu meckern: Die Story des verschwundenen Vaters, der mit Belohnung gesucht wird, hätte man als Aufhänger des Kennenlernens von Aza und Davis gerne weggelassen werden können, sie war für mich als Rahmen einfach unnötig (und auch etwas realitätsfern, aber gut). Beziehungsweise wurde immer einmal wieder kurz angesprochen, was dieses Verschwinden mit Davis und seinem jüngeren Bruder Noah macht, aber hier hätte man entweder mehr in die Tiefe gehen oder es eben sein lassen. Das hat sich nach „ich will da noch was schreiben, aber habe nicht mehr genug Seiten, um es wirklich auszuarbeiten“ angefühlt.
Wenn ihr schon einiges von John Green gelesen habt und mochtet, dann werdet ihr auch dieses Buch mögen. Einfühlsam, thematisch in seinem Metier und ein schöner Einblick in die Gefühlswelt dieser Teenager und ihrer Umwelt. Ein paar der Sätze hallen noch in mir nach und ich habe wieder etwas für mich mitgenommen, was den Umgang mit Zwangsstörungen betrifft.