Ok, nicht ganz Landweg, einmal musste ich dann doch die Fähre benutzen, aber das war das einzige Mal in diesen etwas über drei Tagen! 🙂 Warum? Gute Frage. Zwar ist Fliegen um einiges schneller, aber ich versuche es ganz gerne zu vermeiden, wenn man denn auch auf dem Landweg irgendwie halbwegs bequem hinkommt. Somit habe ich einfach mal im Internet gesucht und war hin und weg, dass es doch wirklich einen Direktbus von Berlin nach Tallinn gibt. Angeboten hat ihn Flixbus und gekostet hat es mich ganze 60€ für 24 Stunden Busfahrt – verrückt günstig, wie ich finde! Aber fangen wir am Anfang an.

Um nach Berlin zu kommen, startete ich Sonntagabend in Frankfurt ebenfalls mit dem Flixbus. Die Fahrt über Nacht war in Ordnung, wir hatten nur sehr viele Haltestellen und so war kein wirklicher guter Schlaf drin. Da ich jetzt aber endlich ein Nackenkissen habe, war es erstaunlich bequem. Nein, nichts im Vergleich zu den tollen Nachtbussen in Asien, die ich gerne nutze, aber es war ok. Morgens kam ich dann in Berlin an und hatte genug Zeit, mich mit Kaffee wach zu bekommen und mir genug Proviant für die nächsten 24 Stunden Busfahrt zu kaufen. Beinevertreten war ebenfalls toll, aber also einen Preis gewinnt der ZOB in Berlin immer noch nicht. Da wird zwar gebaut, aber aktuell..nein, alles andere als einladend.


Kurz nach 14 Uhr ging es dann im vollen Bus gen Osten und unsere polnische Busfahrerin war ein kleines Highlight. Wir standen erstmal fast 2 Stunden auf der Ringautobahn in Berlin im Stau und sie versucht danach alles, diese Zeit wieder rauszuholen. Also brav auf der linken Spur fahren, hupen und wild gestikulierend – das ein oder andere polnische Schimpfwort habe ich auch erkannt 😉 Aber da sie auch brav viele Rauchpausen machte, da sie diese wohl brauchte, konnte ich immer auf Toilette gehen. Denn die Toilette im Bus hätte mich nicht in Indien überrascht, aber bei einem Flixbus erwarte ich nicht, dass mir die Wand unter dem Waschbecken entgegenkommt und ich durch ein Loch im Boden (nicht Toilette) einfach die Autobahn unter mir vorbeirasen sehe. Dass durch die Lüftung oben dann noch Wasser kam, hat mich schon wieder zum Lachen gebracht. Aber hey, 60€ und das Abenteuer Baltikum!


Durch die viele Verspätung habe ich leider kaum noch etwas von Polen gesehen, da es schon bald nach Grenzüberfahrt dunkel wurde. Aber ich weiß jetzt, dass es bis Warschau sehr viele Mautstationen auf der Autobahn gibt und danach eigentlich keine mehr. Die Grenzüberfahrt nach Litauen war ebenfalls unspektakulär, wir machten kurz vorher Rast in einem kleinen, sehr verschlafen wirkenden Ort und alle wollten eigentlich nur weiter, da die russische und belarussische Grenze sehr nah waren.



In Litauen lag dann plötzlich Schnee und meine Sitznachbarin mit ihren vier Kindern, die um mich herum verteilt saßen, stieg in Kaunas aus. Juchu! Endlich zwei Sitzplätze für mich und himmlische Ruhe, ich konnte doch wirklich gut schlafen (erneut, ein großer Dank an mein Nackenkissen, du darfst jetzt immer mit). Da ich zwischendurch immer mal wieder aufwachte, war ich natürlich neugierig, was ich von Litauen so sehe. Jetzt war es aber leider grau-nass-matschig draußen und sah so etwas trostlos aus. Wir fuhren auch nur durch kleinere Städtchen und verlassen wirkende Orte, aber als es dann nach Lettland ging, wurde es spannender! Das Wetter schlug um, Sonne, blauer Himmel und hallo Riga, du siehst architektonisch sehr abwechslungsreich aus! Ich konnte mir kurz vor dem Bus die Beine vertreten, mich an Wasser und Möwen erfreuen und merkte sofort, hier will ich mal für 2-3 Tage hin! Genau, was ich mir von der Reise erhofft hatte, einen ersten positiven Eindruck zu bekommen.



Danach ging es weiter durch sehr viel Wald und dann waren wir plötzlich auch schon in Estland und somit fast am Ziel. Auch hier gab es viel Natur, sehr viele vereinzelt herumstehende, große Häuser, die mich neugierig machten und die ersten Blicke auf das Meer konnte ich auch erhaschen. Die Stimmung im mittlerweile ziemlich leeren Bus war super, denn trotz eines kleinen Staus bei Riga waren wir nur 30 Minuten verspätet. So ging es dann die letzten Meter bis zum Busbahnhof nach Tallinn, wo ich meinen Koffer doch wirklich in Empfang nehmen konnte und meine 2,5km bis zum Hotel laufen konnte. Was zwar anstrengend war nach dem vielen Sitzen, aber auch genau das, was mein Körper brauchte!


Jetzt hatten wir also Dienstagnachmittag und ich checkte zuerst mal in mein Hotel direkt neben dem Fährenterminal ein, von wo es morgen weitergehen würde. Das Hotel war nichts besonderes, also die ausgeschriebenen 4 Sterne hat es definitiv nicht, aber für 40€ die Nacht hatte ich ein sauberes, großes Zimmer für mich mit lustigerweise Blick auf meine Fähre, die schon bereit stand und einer tollen Regenwasserdusche. Denn alles, was ich nach den vielen Stunden im Bus wollte, war viel heißes Wasser. Notiz an mich selbst: das nächste Mal nicht nur frische Unterwäsche und Socken einpacken, sondern vielleicht insgesamt neue Kleidung (die war aber im Vakuumsack und somit nicht erreichbar).


Frisch geduscht ging es dann in die Innenstadt nach Tallinn, wo ich bei meinem Lieblingsinder eigentlich ein gigantisches Thali essen wollte. Überraschung: dort gibt es jetzt stattdessen Sushi und da ich wirklich enorm Hunger hatte, ging es dann gegenüber zu Burger King, wo es auch einen veganen Burger gibt. Danach streifte ich ein wenig durch die Altstadt, aber der Wind war kalt und ich erschöpft – also ging es schnell wieder zurück ins Bett, wo ich mich gemütlich ausstrecken und lesen konnte.


Am nächsten Morgen ging es geschwind zu Rost, wo die heißen Zimt- und Kardamonschnecken mich beim letzten Besuch schon begeistert hatten und frisch gestärkt mit heißem Kaffee ging es dann zum Fährenterminal. Welches dankbarerweise wirklich direkt neben meinem Hotel war, denn mein Körper war insgesamt etwas kraftlos. Das Einchecken war problemlos wie immer, die Fähre nach Helsinki ging pünktlich und das Wetter war zwar regnerisch-grau, aber die Wellen so schwach, dass mir nicht schlecht wurde. Stattdessen saß ich mit tollem Blick aufs Wasser ganz entspannt da und konnte sogar lesen!


In Helsinki hatte ich dann etwa vier Stunden Zeit, bis es mit dem Zug noch die letzten sechs Stunden hoch nach Oulu ging. Somit lief ich gemütlich in die Innenstadt und setzte mich in ein Cafe, wo es kostenlosen Kaffee-Refill gibt, was mich immer glücklich macht. Hier hielt ich es einige Zeit aus, konnte mein Buch fertig lesen, dann besorgte ich mir noch ein paar Snacks für den Zug und lief gemütlich die letzten Meter zum Bahnhof. Da es nun der Mittwochabend vor Ostern war, war mein Zug sehr voll, denn viele waren schon auf der Reise in den Urlaub oder auf dem Weg, die Familie zu besuchen. In Finnland kann man aber nur Tickets mit Sitzplätzen kaufen, somit muss man sich keine Sorgen machen, dass man stehen muss. Unbequem ist nur, dass es nicht genug Gepäckaufbewahrungen gibt und ich somit die ersten zwei Stunden mit meinem Koffer vor meinem Sitz und meinem Rucksack auf mir verbringen musste. Aber nach Tampere wurde es zum Glück leerer.

Nach sechs Stunden kam ich dann um 00.30h in Oulu an und brauchte noch etwa 30 Minuten zu Fuß bis zur Wohnung. Womit ich insgesamt von Sonntagabend um 21.00h bis Donnerstagmorgen um 01:00h unterwegs gewesen bin. Gekostet hat mich dieser komplette Trip:

  • RMV-Fahrkarte nach Frankfurt: 5,80€
  • Flixbus Frankfurt-Tallinn mit 2x Sitzplatzreservierung: 67€
  • 4-Sterne Hotel in Tallinn mit Genius Booking.com Discount: 40€
  • Fähre Tallinn-Helsinki: 14€
  • Zugticket Helsinki: 24€

–> 150,80€

Was definitiv günstiger ist, als ein One-Way-Ticket von Frankfurt nach Oulu, da ich in den Osterferien fliegen musste, aber nur um den Preis ging es mir gar nicht. Ich wollte einmal wirklich Polen und das Baltikum sehen, um zu schauen, ob ich da nochmal hin will (absolut ja!) und auch, wie schlimm das lange Busfahren in Europa ist. Definitiv unbequemer als in Asien, auch nicht unbedingt pünktlicher, aber ich finde die Strecke insgesamt gut und kann mir vorstellen, dass ich sie erneut fahre, aber dann eben mit ein paar Pausen zwischendrin, z.b. in Riga, Kaunas und Warschau. Oder ob ich ab einem dieser Orte dann eben fliege oder mit dem Zug fahre.

Ein litauischer Mitreisender erzählte mir begeistert, dass eine Zugschnellstrecke zwischen Riga-Berlin ab 2026 gebaut wird und ich hoffe, dass das auch passiert! Denn beim langen Zugfahren kann man sich entweder ein Schlafabteil nehmen oder sich zumindest mal länger die Beine vertreten. Natürlich hätte ich den Preis auch noch drücken können und mir für 8€ ein Hostelbett in Tallinn nehmen können, aber ich fand, ich hatte mir ein Zimmer nur für mich verdient 😉


Was sagt ihr – Abenteuer oder absolut verrückt? Würdet ihr so eine Busreise unternehmen? Oder klingt das nach dem reinsten Horror? Noch genau eine Person ist mit mir die Strecke Berlin-Tallinn gefahren (er saß direkt hinter mir) und wir waren beide überrascht, dass das noch jemand freiwillig macht. Aber auch er meinte, es war aushaltbar 😉