Auf der Frankfurt Buchmesse im letzten Jahr kam man ständig in Kontakt mit dem Gewinner des Deutschen Buchpreises 2023, nämlich Echtzeitalter von Tonio Schachinger und somit wollte ich diesen Roman natürlich auch lesen. Dass es eine in Wien spielende Coming-of-Age Story ist, welche sich um das Thema Computerspiele spielt, war dann zum Glück auch noch nach meinem Geschmack!
Worum geht’s
Till schlägt sich auf dem Wiener Eliteinternat mit seinem strengen Klassenlehrer herum, welcher seine Schüler auf eigensinnige Weise für die klassische Literatur zu begeistern versucht und bei einem Mangel daran vor Strafen nicht zurückschreckt. Auch zuhause ist es nicht einfach, hat der Jugendliche seinen Vater verloren und eine Mutter, mit der er sich nicht wirklich zu verbinden weiß. Aber zum Glück gibt es das Computerspiel Age of Empires 2, welches ihn aus seiner Realität entführen kann und in welchem er schnell berühmt und sogar der jüngste Top 10-Spieler der Welt wird.
Wie ist’s
Vom ersten Satz an war Echtzeitalter ein absoluter Lesegenuss voller Wortwitz, der mich in seinen Bann gezogen hat. Dabei ist die Geschichte vom Erwachsen werden nichts neues, dank dem Computerspiel-Element allerdings doch mit einer weiteren, spannenden Ebene verknüpft (wobei ich da letztes Jahr auch schon Tomorrow, Tomorrow, and Tomorrow gelesen habe). Wir bekommen hier Eltern-Kind- sowie Lehrer-Schüler-Beziehungen, Freundschaft, Liebe, Trauer und Wut, gemischt mit lustigen Abhandlungen über die deutsche und die österreichische Sprache sowie ein paar in Österreich geschehene Skandale in Politik und Wirtschaft serviert. Teilweise ist es ganz schön banal und es hätte für mich auch ein bisschen weniger Schulsystem am privilegierten Eliteinternat sein dürfen, aber durch die gewählte Sprache macht es trotzdem Spaß weiterzulesen.
Ein Schwerpunkt liegt ganz klar auf dem Spiel Age of Empires 2, welches ich zwar nicht selbst gespielt habe, aber genug Leute in meinem Freundeskreis zockten es. Wodurch ich einiges erinnern, verstehen und nachvollziehen konnte, aber es trotzdem sehr interessant beschrieben fand, wie man aus dem heimischen Kinderzimmer so erfolgreich in der Gamingszene werden kann. Dabei wird Till immer wieder sehr sympathisch und teilweise auch ganz schön reif für sein Alter beschrieben und als Leser hat man Freude daran, mit ihm in diese für ihn so friedliche Welt abzutauchen.
Es gelang mir als Leser geradezu spielend, eine Verbindung zu Till aufzubauen und somit Anteilnahme an seinem Leben haben zu wollen. Was sich darin ausdrückt, dass ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe und einfach wissen wollte, wie es ausgeht. Wird er glücklich werden bzw wie sieht Glück für ihn überhaupt aus? Und welchen Teil wird E-Sport in seinem Leben einnehmen, wenn er der Schule und seinem etwas drakonischen Lehrer entfliehen kann?
Auch ohne Buchpreis hätte ich diesen Roman bestimmt irgendwann einmal zur Hand genommen und bereue die Lektüre absolut nicht. Ich wurde gut unterhalten, musste häufiger lachen, fand die Age of Empire 2 Teile spannend und hätte mir nur etwas weniger Schulsystem und dafür vielleicht noch ein bisschen mehr Tiefe in den Freundschaftsbeschreibungen gewünscht.