Letztes Jahr stand 22 Bahnen von Caroline Wahl als Sommerlektüre sehr hoch im Kurs, doch ich kann versprechen, dass es auch in eine dunklere Jahreszeit passt. Da wünscht man sich dann nämlich ganz gerne den Sommer zurück und bekommt ihn in diesem Buch auch – allerdings nicht so leicht, locker-flockig, sondern mit einigen schweren Themen kombiniert! Das Cover hätte mich auch ohne die vielen positiven Besprechungen im Geschäft sofort neugierig gemacht, das finde ich hervorragend!
Worum geht’s
Tilda musste nach dem Abitur in ihrer Heimatstadt bleiben, denn ihre Mutter ist alkoholkrank und ihre kleine Schwester hat sonst niemandem, der sich um sie kümmern kann. Somit pendelte die junge Frau zwischen Uni, dem Job als Kassiererin im Supermarkt, ihrer Pflege um Schwester (als auch um die eigene Mutter) sowie dem Freibad, welches ihr ein Gefühl von Freiheit gibt, hin und her. Keine leichte Existenz, welche dann noch durch eine mögliche Promotion mit Wegzug nach Berlin und dem Auftauchen eines Mannes verkompliziert wird.
Wie ist’s
Ziemlich realistisch waren die ersten Worte, die mir zu diesem kurzen, gut geschriebenen und leicht zu lesenden Buch eingefallen sind. Wir haben hier ein junges Leben mit Höhen und Tiefen, welche alle sehr glaubhaft geschildert werden und mich sofort in ihren Bann gezogen haben. Ich las das Buch direkt durch, da ich wissen wollte, wie es mit Tilda, ihrer Mutter, ihrer Schwester und auch dem zunächst etwas mysteriös erscheinenden Ivan ausgehen wird und wer wann welche Entscheidung treffen wird. Man kann einfach nicht anders als mitfiebern, sei es in den Familienkonstellationen oder bei der sich langsam entfaltenden Liebesgeschichte zwischen Ivan und Tilda.
Das Thema Alkoholismus eines Elternteils wird aus verschiedenen Perspektiven behandelt und sehr verdeutlich, wie stark der Einfluss auf so ziemlich alle Lebensbereiche der Familienmitglieder ist. Die beiden jungen Schwestern haben hier jeweils ihre eigene Art, damit umzugehen und wachsen auch daran bzw müssen dadurch schneller erwachsen werden und Stärke entwickeln. Trotz dieses ernsten Settings gelingt es Caroline Wahl aber doch immer wieder Hoffnung und Leichtigkeit mit in das Buch zu bringen, da sie es im Sommer spielen lässt, welchen man mit Tilda im Freibad geradezu schmecken kann.
Für mich kam das Ende des Buches viel zu früh, ich hätte problemlos noch weitere hundert Seiten lesen können, da mich diese doppelte Coming-of-Age-Geschichte wirklich mitgenommen hat. Sprachlich hatte ich hier enorm viel Freude, aber eben auch thematisch war das eine Lektüre, die mich durch ihre Ernsthaftigkeit, gepaart mit Humor und Leichtigkeit sehr überrascht hat. Ich kann somit absolut nachvollziehen, wieso das Buch als Sommerlektüre gefeiert wurde – aber bin gleichzeitig der Meinung, dass man dieses Werk zu jeder Jahreszeit lesen kann. Da es das Debüt von Caroline Wahl gewesen ist, bin ich schon enorm neugierig, worüber ihr nächstes Buch gehen wird – lesen werde ich es auf jeden Fall!
Habt ihr das Buch zufällig auch schon gelesen oder steht es noch auf eurer Leseliste? Wenn ja, wie hat es euch gefallen?