Kategorie: Lesen

[Lesenswert] Denkanstöße 2021 – Isabelle Nelte (Hg.)

Ich gestehe, ich hatte keine großen Erwartungen an das Buch Denkanstöße 2021, in welchem acht Autoren mit unterschiedlichen Beiträgen einen zum Nachdenken anregen wollten. Mitgenommen habe ich es als „zwischendurch“-Lektüre, aber ich muss sagen, ich war seeeehr positiv überrascht! Einige der Beiträge haben mich wirklich gefesselt und ich habe das Buch dann doch in nur wenigen Sitzungen ausgelesen.

Worum geht’s

Insgesamt acht Autoren sollen dem Leser „Denkanstöße“ geben und das aus den unterschiedlichsten Gebieten. Die Überschriften geben einem schon immer ein paar Hinweise, worum es geht, aber im Endeffekt erwartet einen eine illustre, bunte Mischung! Ob eine philosophische Abhandlung zum Thema Liebe, wissenschaftliche Untersuchungen, wie wichtig für uns Menschen das Riechen ist und der Versuch eines literarischen Kanons findet man im Teil „Erkenntnisse“. Darauf folgen „Erfahrungen“, wo einmal das Leben von Ben Ferencz näher durchleuchtet wird, der Frage nach einem noch immer bestehenden Ostbewusstsein in Deutschland nachgegangen wird sowie Fragen, wie man umweltfreundlicher/nachhaltiger Leben kann. Das Buch schließt mit dem Teil „Einsichten“, wo hinterfragt wird, wie unser Nachrichtenkonsum aktuell unser Leben beeinflusst und mit einem Plädoyer Ulrich Wickerts, dass wir Menschen uns identifizieren sollen.

Wie ist’s

Geschmäcker sind natürlich verschieden, so hatte ich zum Beispiel Schwierigkeiten, mich im ersten Text festzulesen. Da habe ich mich eher durchgequält und schon überlegt, ob das Buch wirklich etwas für mich ist. Der Artikel über die Bedeutung des Riechens war dann aber so spannend und informativ, dass ich eine 180°-Wende hingelegt habe. Die Überlegungen zum Thema „Kanon“ fand ich interessant, aber nicht so enorm neu. Da hat mich der Bericht über den Anwalt Ben Ferencz (Stichwort „Nürnberger Prozesse“) mehr begeistert und definitiv zum Nachdenken und Recherchieren angeregt. Die restlichen Beiträge waren ebenfalls nett, aber nichts, was ich jemandem mit „das musst du unbedingt lesen“ in die Hand drücken würde.

Aber insgesamt ist es eine abwechslungsreiche Mischung, wo für jeden ein paar spannende Artikel dabei sein dürften. Da sie nicht sonderlich lang sind, ist das ein tolles Buch für eine kurze Balkon-/Parkpause, wo man aus seinem Alltagsdenken mal kurz entfliehen, sich aber nicht gleich auf eine lange Geschichte einlassen mag. Meine erste, eher negative Einstellung ist auf jeden Fall weg und sollte ich da noch eine andere Version finden, würde ich definitiv durchblättern und schauen, welche Themen besprochen werden!

[Lesenswert] Extremely loud & incredibly close – Jonathan Safran Foer

Nachdem ich Eating Animals (Tiere essen) von Jonathan Safran Foer gelesen hatte, wollte ich unbedingt mehr von ihm lesen und das gerne aus dem Fiction-Bereich. Extremely loud & incredibly close bzw auf deutsch Extrem laut und unglaublich nah war meine nächste Wahl, da die Story einfach viel zu gut klang!

Worum geht’s

Der neunjährige Oscar hat seinen Vater am 11. September verloren und auch zwei Jahre später kämpft er noch mit diesem unsagbar traumatischen Erlebnis. Als er einen Schlüssel (verpackt in einem Umschlag mit dem Wort „Black“) versteckt im Schrank seines Vaters findet, beschliesst er, dieses Geheimnis zu lösen. Er beginnt eine Odyssee durch New York, begleitet von einem Tamburin (und teilweise einem älteren Nachbarn) und besucht alle Leute, die mit Nachnamen Black heißen..was für den Jungen definitiv eine Herausforderung auf verschiedensten Ebenen ist!

Wie ist’s

ABSOLUT GRANDIOS! Foer schreibt mit einer Sprachgewalt, die einen umhaut. Die so richtig ins Herz zielt, einen nicht mehr loslässt, in einen Bann zieht, aus dem man nicht ausbrechen mag. Man hat sofort enorm viel Empathie für Oscar, seine Situation schmerzt und man will eigentlich nur, dass es ihm irgendwie besser geht. Was man hier liest, ist, wie der Titel vermuten lässt – extrem laut und unglaublich nah. Keine leichte Lektüre, obwohl man immer wieder schmunzeln muss aufgrund der so gut beschriebenen Situationen und teilweise verschrobenen Charaktere. Aber ja, man verdrückt hier definitiv auch die ein oder andere Träne und besonders am Ende wird es extrem.

Aber nicht nur der Schreibstil haben mich umgehauen, wobei Foer mich auch schon bei Eating Animals begeistert hat – er kann einfach erzählen! Die Gestaltung des Buches ist faszinierend, es gibt Bilder, Illustrationen und andere Eigenheiten, die einen immer wieder überraschen. Ich habe den Fehler gemacht, direkt nach hinten zu blättern, da ich absolut nicht wusste, was mich erwartet – tut das nicht! Lasst das Ende auf euch zukommen, da es die gesamte Story einfach perfekt abrundet.

Es ist kein Buch, was ich nebenbei lesen würde. Ich habe mir immer bewusst Zeit genommen (ok, ich habe es auf dreimal durchgelesen, da ich nicht anders konnte) und es auch nicht unterwegs gelesen. Denn es schlägt einem wie gesagt manchmal schmerzhaft ins Gesicht, wenn man erlebt, wie Oscar mit seinen Traumata kämpfen muss und es ihm nicht immer gelingt, diese zu besiegen. Somit keine Strandlektüre, sondern ein Buch mit Nachhall.

Normalerweise wäre dies ein Buch gewesen, was ich meinem Opa gegeben hätte – was so ziemlich die größte Auszeichnung ist, die ich für ein Werk habe, da ich nie seine Lebenszeit verschwendet hätte mit banalen, halbwegs spannenden Romanen. Da dies nun leider nicht mehr möglich ist, bekam es eine Freundin von mir, welche es hoffentlich ebenso geniesst und dann wieder in den Bücherschrank stellen wird. Denn so begeistert wie ich bin, noch einmal lesen werde ich es nicht, dazu gibt es einfach zu viele andere Bücher, die auf meiner Liste stehen. Kennt wer von euch etwas von Foer, vielleicht sogar dieses Buch?

[Lesenswert] Kind 44 – Tom Rob Smith

Da mir das Cover von Kind 44 von Tom Rob Smith bekannt vorkam, schnappte ich es mir aus dem öffentlichen Bücherschrank und der Buchrücken hatte mich sofort. Moskau, 1953, in Mord in der Sowjetunion und viele, viele Hindernisse – ich habe direkt mit dem Lesen begonnen, während ich nach Hause lief 😉

Worum geht’s

In er Sowjetunion darf es während Stalin offiziell keine Morde geben und somit wird der grausame Mord an einem Vierjährigen in Moskau zunächst vertuscht. Der mit dem Fall beauftragte und seinen Job sehr liebende Geheimdienstoffizier Leo Demidow hält sich zunächst an diese Regeln, als aber immer mehr Fälle von toten Kindern auftauchen und sein Glauben in das System zu bröckeln beginnt, fängt er doch damit an, auf eigene Faust Nachforschungen zu betreiben. Was enorm gefährlich wird und das nicht nur für ihn.

Wie ist’s

Absurd spannend, ich wollte das Buch nicht mehr aus der Hand legen und die 500 Seiten waren zu kurz. Man merkt, dass viel Recherche in die Story geflossen ist und es wird einem eine ganz andere Zeit sehr nahe gebracht. Viele gut eingeführte Charaktere, deren Handeln oftmals nachvollziehbar ist, tauchen auf und lassen einen immer wieder darüber nachdenken, wie man wohl selbst in jener Situation handeln würde.

Die Geschichte hat immer wieder Wendungen, die ich nicht kommen gesehen habe und Lösungen zu perfiden Situationen, die wahnsinnig gut entworfen wurden. Das Lesen macht einfach wahnsinnig Spaß, da es gut geschrieben und kreativ ist. Leicht und schnell, aber eben doch mit genug Tiefgang.

Zum Glück ist das eine Trilogie und noch besser, ich habe auch den Nachfolger, Kolyma in einem anderen öffentlichen Bücherschrank gefunden. Mit welchem ich ebenfalls schon begonnen habe und danach wohl noch den dritten Teil finden muss.

Habt ihr das Buch/die Reihe zufällig schon gelesen und seit ähnlich begeistert wie ich? Oder war es eher nicht euer Geschmack? Nach all den skandinavischen Krimis, die ich so gelesen habe, war das eine verdammt gute Abwechslung!

[Lesenswert] ABC-Lesechallenge 2021 – 1. Update!

Hallo zum ersten Update meiner ABC-Lesechallenge, welche ich jetzt schon einige Jahre versuche, aber es noch nie geschafft habe, mich einmal komplett durch das ABC zu lesen. Wie schon die Jahre zuvor geht es darum, Buchtitel mit jedem Anfangsbuchstaben mindestens einmal zu lesen und normalerweise scheitere ich an Q, X und Y sowie daran, dass es einfach so viel spannendere Bücher gibt, die leider alle mit H,K oder A anfangen 😉 Aber gut, schauen wir mal, was ich die ersten drei Monate bisher so gelesen habe:

Zwischenstand: 7 von 26 Buchstaben „gelesen“

A

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B

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C

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Denn niemand hört dein Rufen – Mary Higgings Clark (klick)

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E

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F

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G

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Hieronymus, was redst denn da – Franz Xaver Breitenfellner (klick)

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I

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Jedermann – Philip Roth (klick)

Junge im gestreiften Pyjama, Der – John Boyne (klick)

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Kind 44 – Tom Rob Smith (klick)

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L

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M

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N

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Odins Insel – Janne Teller (klick)

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P

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Q

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R

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Seltsam wie die Liebe – Barbara Gowdy (klick)

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T

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unendliche Geschichte, Die – Michael Ende (klick)

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V

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W

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X

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Y

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Z

Sieben Buchstaben, acht Bücher und das in drei Monaten – nicht soooo viel für meine Verhältnisse, aber irgendwie hatte ich recht viel anderes zu tun und häufig Kopfschmerzen, wodurch das Lesen dann wegfiel. Aber das wird im Sommer aber bestimmt wieder besser und bis zu meinem nächsten Update sollte sich die Anzahl dann mindestens verbessert haben 🙂

So, Vorsatz ist gefasst, jetzt muss er neben neuem Studium, Spanischlernen und Arbeiten auch noch umgesetzt werden. Ich versuche zwar, jeden Tag mindestens dreißig Minuten zu lesen, aber manchmal wird das einfach nichts – macht ihr das auch? Also habt ihr ein Lesepensum oder eine feste Lesezeit?

[Lesenswert] Traumsammler – Khaled Hosseini

Vor sieben Jahren ist das Buch Traumsammler von Khaled Hosseini erschienen und ja, fast so lange stand es auch bei mir im Regal. Seine beiden Vorgänger, Drachenläufer und Tausend strahlende Sonnen, habe ich damals nur so verschlungen und irgendwie wollte ich mir mit diesem Buch Zeit lassen – wohl auch aufgrund der Tatsache, dass er danach bisher nur noch Am Abend vor dem Meer veröffentlich hat, was mit seinen 48 Seiten zwar bestimmt auch grandios ist, aber eben kein Roman, in welchen man für einige Stunden eintauchen kann!

Worum geht’s

Die Geschwister Abdullah (10 Jahre) und Pari (3 Jahre) wandern mit ihrem Vater aus ihrem Heimatdorf quer durch die Wüste nach Kabul. Dieser so verheißungsvoll klingende Ort entpuppt sich aber leider als Schauplatz ihrer Trennung, die das Leben beider Kinder (sowie ihrer Familie) für immer verändern wird.

Wie ist’s

PHÄNOMENAL! Ich habe aufgrund des Buchrückens etwas ganz anderes erwartet und wurde enorm überrascht! Nicht die Reise nach Kabul steht im Vordergrund, sondern was davor/danach geschieht. Einzelne Personen erzählen ihre Geschichte, die um die ganze Welt führt und doch immer wieder irgendwo Überschneidungen findet. Man bekommt einen sehr rohen, schmerzenden Einblick in das Leben in Afghanistan und das anhand einer Bandbreite von Schicksalen, die sich durch alle Gesellschaftsschichten zu ziehen scheint. Doch gelingt es Hosseini immer wieder zu dem gemeinsamen Nenner, dem Menschsein mit seiner Menschlichkeit zurückzukommen, egal, ob das Individuum sich in Afghanistan, den USA, Frankreich oder Griechenland befindet.

Durch die Zeit- und Perspektivensprünge weiß man nie genau, was einen auf den nächsten Seiten erwartet, wodurch der Roman noch spannender macht. Man will erfahren, wie das Leben der einzelnen Menschen ausgeht, ob ihnen Gutes oder Schlechtes widerfährt und natürlich wie sie selbst reagieren. Es wird sehr intensiv erzählt, man fühl, leidet und weint mit und wird zum Ende hin immer langsamer beim Lesen, da das Buch einfach nicht enden soll.

Hosseine hat es geschafft, meine hohen Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern noch zu übertreffen und ich hoffe sehr, dass es bald einen neuen Roman von ihm geben wird! Er hat mich mit seinen Worten wirklich tief bewegt und sie werden noch einige Zeit nachhallen! Also, wenn ihr für ein Wochenende in ein paar andere Welten eintauchen wollt, kann ich euch dieses Buch nur wärmstens empfehlen.

[Lesenswert] Die unendliche Geschichte – Michael Ende

Definitiv ein Klassiker, den viele von euch kennen werden! Ich erinnere mich dunkel, dass ich Die unendliche Geschichte von Michael Ende als Kind im Kino gesehen habe, aber wirklich erinnern kann ich mich nicht. Ok, an den weißen Glücksdrachen Fuchur schon, aber sonst hatte ich null Ahnung mehr, worum die Geschichte ging. Somit wurde es Zeit, diese Bildungslücke endlich mal zu schließen!

Worum geht’s

Bastian findet in einer Buchhandlung das Buch „Die unendliche Geschichte“ und irgendetwas sagt ihm, dass er es einfach mitnehmen muss. Er beginnt fasziniert mit dem Lesen und merkt schnell, dass er selbst Teil dieses Abenteuers ist..denn die Welt Phantasien ist in Gefahr und wie es scheint, kann nur Bastian sie mit der Hilfe des Jungen Atrejus und Fuchurs retten.

Wie ist’s

Millionen Menschen weltweit können sich nicht irren, die unendliche Geschichte macht einfach nur Spaß. Man bekommt viele kleine Geschichten, sympathische Hauptfiguren, kreative Welten und ja, man kann sich in ihnen verlieren. Michael Ende kann schreiben, man will immer nur noch eine kurze Geschichte weiterlesen und schwupps, ist man mit den fast 500 Seiten durch.

Ich kann einerseits sehr gut verstehen, wieso es für Kinder und Jugendliche solch eine tolle Geschichte ist. Aber für Erwachsene lohnt sich diese Lektüre ebenso, denn auch wenn sie auf den ersten Blick eher nach leichter Kost und einem „coming of Age“-Roman klingt, geht es doch zentral um die Frage, was man im Leben eigentlich will. Woher unsere Motivation kommt, Dinge zu tun – wollen wir sie wirklich, sagt uns unsere nähere Außenwelt oder die Gesellschaft, dass wir das wollen (sollen)? Wobei wir wieder bei, sind wir frei? Gibt es einen freien Willen? und weitere philosophischen Debatten sind. Wenn man denn in sie einsteigen mag; wenn nicht, ist das Buch einfach nur ein sehr unterhaltsamer Abenteuerroman in einer fantasievollen Welt, in welcher man nie vorhersagen kann, was als nächstes geschieht!

Spannend wäre es gewesen, wenn ich das Kind als Jugendliche und jetzt nochmal als Erwachsene gelesen hätte, denn ich denke, dass das zwei verschiedene Geschichten gewesen wäre. Passt ja auch irgendwie zur unendlichen Geschichte, oder? Also wenn ihr es noch nicht kennt, lest es..und wenn ihr es als Kind schon einmal gelesen habt, nehmt es nochmal in die Hand!

[Lesenswert] Seltsam wie die Liebe – Barbara Gowdy

Ich LIEBE Kurzgeschichten und auch wenn mich das Wort „Liebe“ im Titel eigentlich nicht kriegt, der Band Seltsam wie die Liebe von Barbara Gowdy durfte dann doch kurzfristig bei mir einziehen! Da Alice Munro meine absolute Favoritin ist, wenn es im Kurzgeschichten geht, muss ich irgendwie auch bei jeder weiteren kanadischen Autorin sofort zugreifen, da ich gleich hohe Erwartungen haben!

Worum geht’s

Um die verschiedensten Formen von Liebe, welche hier jedoch nicht inmitten, sondern eher am Rande der Gesellschaft spielen. Die Protagonisten der einzelnen Erzählungen sind oftmals eher Aussenseiter, ob aufgrund ihres Äußeren oder ihrer inneren Neigungen, die eher als Tabuthema gelten dürften.

Wie ist’s

Fesselnd und ich habe nie nur eine Geschichte gelesen, sondern musste immer gleich zwei oder drei verschlingen. Die Titel verraten einem nicht, was kommt und so wird man etwas ins kalte Wasser geworfen, was die jeweilige Thematik angeht. Aber Gowdy gelingt es meisterhaft, einem Dinge nahezubringen und „normal“ erscheinen zu lassen, obwohl man damit so gar keine Erfahrung hat.

Dabei hat sie einerseits Charaktere gewählt, die durch ihr Äußeres auffallen (z.b. siamesische Zwillinge oder ein Mädchen mit Hydrocephalus), andererseits Menschen, die gesellschaftlich nicht unbedingt geduldete Neigungen (Exhibitionismus, Nekrophilie) haben. Aber ohne zu verurteilen, gelingt es der Autorin auch in diesen Momenten Formen von Liebe zu zeigen. Die Erotik, die sie ebenfalls zu transportieren versucht, geht bei mir wiederum etwas verloren, da ich mich dann doch nicht so gut in die einzelnen Figuren hineinversetzen kann, aber gut geschrieben ist es auf jeden Fall!

Besonders ihre Kurzgeschichte „We so seldom look in love“, in welcher sich eine junge Frau zu männlichen Leichen hingezogen fühlt, hat mich nachhaltig beschäftigt. Da ich nicht die einzige war, gibt es hiervon sogar eine Verfilmung, Kissed (1997) und einen wie ich finde, ganz spannenden New York Times Artikel (klick) dazu. Ich habe ihn noch nicht gesehen und weiß auch nicht, ob ich das denn überhaupt mal will, aber die Entdeckung an sich fand ich schon spannend.

Auch wenn Barbara Gowdy in meinen Augen noch nicht an Alice Munro herankommt, ich bin sehr froh, diese Autorin zufällig im öffentlichen Bücherschrank entdeckt zu haben und will definitiv mehr von ihr lesen! Ihr Schreibstil gefällt mir sehr gut, ihre abseits des Mainstreams liegenden, mich überraschenden Protagonisten und Handlungsräume finde ich enorm spannend und alleine, dass sie das Buch „Der weiße Knochen“ komplett aus der Perspektive afrikanischer Elefanten erzählt, kriegt mich schon!

[Lesenswert] Jedermann – Philip Roth

Es gibt Autoren, von denen ich schon ewig etwas lesen will, aber nie über ein Buch von ihnen stolpere. Zum Glück fand ich nun letztens Jedermann von Philip Roth im öffentlichen Bücherschrank und habe es mir sofort geschnappt. Der leider 2018 verstorbene amerikanische Pulitzer-Preis-Gewinner gilt als einer der einflussreichsten Autoren in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und ist besonders für enorm mitnehmende Protagonisten bekannt, die oftmals autobiographische Züge haben.

Worum geht’s

Das Buch beginnt mit der Beerdigung unseres bis zum Ende namenlos bleibenden Protagonisten, einem „Jedermann“. Wir erfahren rückblickend Fragmente aus seinem Leben als jüdischer Familienvater und erfolgreicher Art Director in den USA. Durch zahlreiche Krankenhausaufenthalte beginnt dieser sich schon früh mit den Themen Vergänglichkeit, Reue, Familie und Liebe auseinanderzusetzen..und ja, das ist a) keine leichte Kost und b) irgendwie so universal, dass sich jeder in diese Situation hineinversetzen kann. Also nicht unbedingt etwas zur lustigen Ablenkung, aber eine wie ich finde, definitiv wichtige Lektüre!

Wie ist’s

Ich hatte hohe Erwartungen und sie wurden erfüllt, wenn nicht gar übertroffen. Von der ersten Seite an war ich gefesselt und das nicht unbedingt von der Geschichte des Jedermannes, die eben nicht so außergewöhnlich ist, sondern vom Schreibstil. Roth zieht den Leser durch seine Sätze in seinen Bann, ich habe das Buch nur zweimal kurz aus der Hand gelegt und doch an einem Tag durchgelesen. Denn leider, es ist zu kurz. Doch, die Geschichte ist „rund“, gut erzählt und braucht nicht mehr, aber ich hätte sooooo gerne einfach weitergelesen.

Für mich war „Jedermann“ der erste Happen, welchen ich von Roth kosten durfte und ich weiß, dass es nicht das letzte Werk diesen Autoren für mich sein wird. Als nächstes will ich unbedingt Amerikanisches Idyll (der erste Band aus seiner amerikanischen Trilogie) von ihm lesen, da er hierfür den Pulitzer gewonnen hat und es auch über 500 Seiten hat, also auf jeden Fall längeren Lesegenuss. Zum Glück gibt es hier auch noch einen zweiten und dritten Teil, yay! Aber auch seine Kurzgeschichten reizen mich sehr..hachja, ich muss mich mal schneller durch meinen SuB (Stapel ungelesener Bücher) lesen, dass ich wieder zu Roth zurückkehren kann!

Was habt ihr schon von Roth gelesen und könnt es weiterempfehlen? Oder gefiel euch seine Art des nachhallenden Erzählens, obwohl eigentlich wenig Handlung geschieht (wie in diesem Buch), eher nicht so?

[Lesenswert] Odins Insel – Janne Teller

Als eine Mischung aus Weihnachtsmärchen, Buch über die Liebe und eine Reise in die nordische Mythologie wird Odins Insel von Janne Teller auf dem Buchrücken angepriesen und passte für mich dadurch ideal in den Dezember. Wirklich viele Bücher dänischer Autoren habe ich bisher auch noch nicht gelesen und war somit gespannt, was es da abseits von Krimis & Thriller noch so gibt!

Worum geht’s

Sigbrit Holland findet einen alten, halb erfrorenen alten Mann, als sie abends nach Hause fährt. Dieser scheint ihr verwirrt, da er ihr eine komisch klingende Geschichte erzählt von Unheilsbotschaften, die er überbringen muss, seinem Pferd, für das er einen Arzt braucht und von einer Insel vor der Küste Dänemarks, von der sie noch nie gehört hat. Somit bringt sie Odin zunächst in ein Krankenhaus, da sie einen Schock vermutet, bald aber damit beginnt, auf eigene Faust zu recherchieren, was es mit dieser unbekannten Insel auf sich haben könnte.

Wie ist’s

Es ist seeeeehr ausführlich, oft enorm detailreich geschrieben und somit in Teilen etwas langatmig (wie ich es irgendwie erwartet habe). Manchmal passiert auch viele Seiten nichts, aber Janne Teller gelingt es hier, Stimmung und Atmosphäre enorm dicht zu vermitteln. Somit habe ich das Buch zwar häufiger mal zur Seite gelegt, wollte aber doch immer wieder weiterlesen und wissen, wie die Geschichte um Odin ausgehen wird.

Die einzelnen Charaktere werden sehr schön beschrieben, man beginnt, mit ihnen mitzufühlen und schlüpft durch sie etwas in die Erzählung hinein. Odin wächst einem sofort ans Herz, man will ihn am liebsten selbst zurück zu seiner Insel bringen, aber auch Sigbrit hat schwere Entscheidungen zu treffen, wo man mitfiebert. Es wird definitiv etwas „dänisches“ Lebensgefühl vermittelt und mir eine spannende Welt offenbart, die ich nicht kenne (denn bisher war ich nur ein Kopenhagen und das ist weit weg in dieser Geschichte).

Da es viele Anspielungen an die nordische Mythologie hat, habe ich mich dann erst einmal da genauer eingelesen und muss sagen, enorm spannend! Klar war mir Odin ein Begriffe, aber jetzt weiß ich auch ein bisschen mehr über ihn und die restliche Götterwelt, ihr Verhältnis zueinander und wie sich Ragnarök wohl zugetragen hat. Also alleine dafür hat sich das Lesen dieses Buches schon gelohnt, da es mich inspiriert hat, mehr zu lernen!

Insgesamt ist es kein Buch, was ich zwingend weiterempfehlen würde, da es doch von seinem Themengebiet recht sehr spezifisch und eben etwas langatmig geschrieben ist, aber ich hatte Spaß dabei, immer mal wieder so 40-50 Seiten am Stück zu lesen. Sollte ich nochmal ein Buch von Janne Teller im öffentlichen Bücherschrank finden, würde ich es – wenn es vom Thema spannend klingt – mitnehmen und sehen, ob ich mich mittlerweile an ihre Schreibweise gewöhnt habe. Kennt ihr das Buch zufällig und wenn ja, wie hat es euch gefallen?

[Lesenswert] Der Junge im gestreiften Pyjama – John Boyne

Mir sagte zwar das Buchcover von Der Junge im gestreiften Pyjama von John Boyne, aber ich hatte keine Ahnung, worum es geht. Also schnappte ich es mir aus dem öffentlichen Bücherschrank, um den Buchrücken zu lesen – und war irritiert. Denn dort standen nur vier Kurzreviews von u.a. der FAZ und der Welt, aber keine Inhaltsangabe. Jetzt war ich natürlich mehr als nur neugierig und das Buch durfte mit zu mir!

Worum geht’s

Ich will euch nicht spoilern, sondern die Worte wiedergeben, die vorne im Buch geschrieben sind: „Die Geschichte (…) ist schwer zu beschreiben. Normalerweise geben wir an dieser Stelle ein paar Hinweise auf den Inhalt, aber bei diesem Buch – so glauben wir – ist es besser, wenn man vorher nicht weiß, worum es geht. Wer zu lesen beginnt, begibt sich auf eine Reise mit einem neunjährigen Jungen names Bruno. (…). Früher oder später kommt er (…) an einen Zaun. Zäune wie dieser existieren auf der ganzen Welt“.

Wie ist’s

Ohne nun vorher irgendwie nach der Handlung zu suchen, habe ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen, da ich es einfach nicht aus der Hand legen wollte. Zu Beginn ist man erst noch etwas unsicher, in welchem historischen Setting man sich befindet, da man es durch die Augen eines kleinen Jungen kennenlernt. Doch wird einem schnell klar, worum es geht und man beginnt, böse Vorahnungen zu erhalten.

John Boyne schreibt wahnsinnig gut, er fesselt mit seinen Worten und auch wenn teilweise nicht viel „Handlung passiert“, so gelingt es ihm doch, den Leser an einen grauenvollen Ort zu bringen und ihn dort zu halten. Man will einerseits wissen, wie es weitergeht, andererseits aber nicht, dass das Buch schon zu Ende ist, da man mit Bruno noch mehr erforschen mag (sein liebstes Spiel). Die Kinderperspektive auf diese schreckliche historische Epoche ist wahnsinnig spannend, da man sie nicht in Geschichtsbüchern liest und so einfach noch einen neuen Blick bietet.

Ich will wirklich nicht verraten, worum es geht, weswegen ich nicht viel mehr schreiben kann außer: lest dieses Buch! Nicht nur, weil es wahnsinnig gut geschrieben ist, sondern weil es berührt. Es lange in einem nachhallt, einen zum Denken, Verzweifeln, aber auch zum Hoffen bringt, dass die Menschheit vielleicht doch etwas gelernt hat. Und weil es eines der wenigen Bücher ist, deren Ende ich uneingeschränkt mag, Boyne hat eine absolut runde Geschichte von Anfang bis Ende erzählt und ich hoffe sehr, in Zukunft mehr von ihm zu lesen!

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