Schlagwort: Klassiker

[Lesenswert] Andorra von Max Frisch

Es wurde mal wieder Zeit, einen Klassiker zu lesen und da kam mir Andorra von Max Frisch aus dem öffentlichen Bücherschrank gerade recht. Ein Titel, den man kennt, ich hatte aber absolut keine Ahnung, worum es in dem Buch eigentlich geht und war dementsprechend gut überrascht!

Worum geht’s Unser Protagonist Adri wurde von seinem Vater unehelich gezeugt und aufgrund dessen als jüdischer Pflegesohn ausgegeben. Die Bewohner Andorras begegnen dem in einer Kneipe arbeitenden Jungen mit Vorurteilen in einem Land, welches sowieso den Angriff „der Schwarzen“ von außen fürchtet. Es folgt eine kleine Katastrophe auf die nächste, bis es schließlich in einem großen Drama endet.

Wie ist’s Frisch wollte mit diesem Werk die Themen Antisemitismus, Fragen der (Selbst-)Identität, Auswirkung von stereotypen Vorurteilen und die Frage von Schuld und Mitläufertum in einer Parabel behandeln und das ist ihm sehr gut gelungen. Andorra ist eigentlich die Schweiz während des Nationalsozialismus, was das Buch für mich sehr viel spannender macht, da ich wenig über das Verhalten der schweizer Bevölkerung während dieser Zeit wusste. Es ist ein Buch zum Kopfschütteln, welches ich wahnsinnig gerne im Theater sehen würde, da ich es mir aufgeführt noch besser vorstelle.

Es ist sprachlich leicht zu lesen, ich habe es in einem Anlauf getan, da ich wissen wollte, wie es ausgeht. Leider rutscht auch Frisch etwas zu sehr in die Vorurteilsschiene, wenn er Antisemitismus beschreibt, aber das Dilemma von Anpassung versus Identität wird sehr gut herausgearbeitet. Also kein Buch, welches man einfach nur konsumiert, sondern dabei ein wenig mitdenken muss. Zu recht ein Klassiker, wie ich finde!

Mal sehen, was ich als nächstes lese, die ein oder andere „Pflichtlektüre“ habe ich noch auf meiner Liste. Schlafes Bruder will ich zum Beispiel unbedingt wieder einmal lesen, das habe ich in der Schule absolut geliebt. Geht es euch manchmal auch so, dass ihr zu Klassikern greift? Oder ist das eher nicht so euer Geschmack?

[Lesenswert] Sansibar oder der letzte Grund – Alfred Andersch!

Mit Sansibar oder der letzte Grund von Alfred Andersch habe ich endlichen einen weiteren „will ich schon ewig mal lesen“-Klassiker ausgelesen und auch diesen lustigerweise in einem Hostel auf Tioman (einer Insel vor Malaysia) gefunden. Somit habe ich ihn geschwind an einem Tag gelesen und für den nächsten Gestrandeten zurückgelassen 😉

Worum geht’s In einer kleinen Hafenstadt an der Ostsee treffen fünf Menschen (und eine Holzskulptur, welche als Bindeglied der Gruppe agieren wird) im Jahre 1937 zusammen, die sich vorher nicht kannten und nichts gemeinsam haben, außer den Wunsch, Deutschland unbeobachtet zu verlassen. Es handelt sich dabei um Gregor (Mitglied & Verbindungsmann in der KP, auf der Flucht), den Fischer Knudsen (ebenfalls in der Partei und der Mann mit dem Fluchtboot vor Ort), den Jungen (Lehrling des Fischers, der von der Welt und Abenteuern träumt), die Jüdin Judith (die ihrer Mutter versprach, zu fliehen) und den Pfarrer Helander (der seine Holzstatue des „Lesenden Klosterschüler“ retten will, welche als entartete Kunst deklariert wurde).

Wie ist’s Den Titel des Buches kennt man, aber ich hatte absolut keine Ahnung, worum es geht und dachte ja, irgendwie um Ostafrika. Kann man noch weiter von der Realität entfernt liegen? Nicht wirklich 😉 Da ich vorher auch nicht las, worum es geht, wurde ich hier ständig neu überrascht. Ich mochte die unterschiedlichen Charaktere sehr und fand es spannend, wie ihre Schicksale miteinander verwoben wurden. Durch die verschiedenen Blickwinkel bekommt man einen guten Einblick über das Leben in der NS-Zeit; gleichzeitig wird einem bei der Lektüre nicht langweilig, da sie eben ständig zwischen den Personen (und deren kurzen Kapiteln) hin und her springt.

Es ist einfach geschrieben, man kann das Buch leicht runterlesen und muss sich nicht enorm konzentrieren. Aufgrund der kurzen Kapitel kann man auch gut Pausen einlegen; die beste Urlaubslektüre ist es allerdings nicht, da das Thema einen mitnimmt und man sich wieder einmal fragt, wie zur Hölle das alles passieren konnte. Da es sehr fesselnd geschrieben ist, habe ich es allerdings an einem Tag runtergelesen, ich wollte doch wissen, wie es für alle Beteiligten ausgehen wird.

Andersch selbst wurde 1933 aufgrund seiner politischen Aktivitäten (er war im Kommunistischen Jugendverband) im KZ Dachau interniert, was dem Roman noch mehr Bedeutung verleiht. Ich finde, dass dies ein Buch ist, was man gelesen haben sollte, es durchaus den Status des „Klassikers“ verdient und einen lange zum Nachdenken bringen wird.

[Lesenswert] Der Spieler – Fjodor Dostojewski!

Juhu, da habe ich doch tatsächlich Der Spieler von Fjodor Dostojewski in meinem Hostel auf Tioman gefunden 🙂 Seit Ewigkeiten will ich das Buch schon lesen, Dostojekwsi ist einer meiner Lieblingsautoren, doch bisher hatte ich noch nie Glück, dieses Buch in einem öffentlichen Bücherschrank zu finden. Zwar sind Strand und Sonne nicht unbedingt die passende Kulisse für diesen kurzen Roman, aber hey, da musste ich eben durch..und mit Ice Tea geht das auch!

Worum geht’s Der Titel verrät es schon, die Hauptfigur unseres Romans ist dem Glücksspiel verfallen, genauer gesagt dem Roulette. Als angestellter Hauslehrer eines verschuldeten Generals kommt der Russe Alexsej Iwanowitsch in den Kurort Roulettenburg (Deutschland), wo er sich nicht nur unglücklich verliebt, sondern durch das Spielen am Roulette-Tisch immer wieder hoch verschuldet.

Wie ist’s Persönlich lese ich Dostojewski nicht der Geschichte, sondern der Atmosphäre und den einzelnen Charakteren wegen. Es gelingt ihm einfach, jede noch so für mich uninteressant klingende Story mit Worten zu malen, die einen fesseln. Spannend an der Geschichte des Spielers ist, dass Dostojewski hier definitiv autobiographisch schreibt, da er selbst sein Leben lang mit dem Glückspiel bzw der Sucht zu kämpfen hatte. Die unglückliche Liebe hat er ebenfalls erlebt und hier verarbeitet. Das Werk ist leicht zu lesen, man taucht schnell in die menschlichen Abgründe ein, welche von Geld, Macht und Liebe dominiert werden und beginnt, sich selbst ein wenig in diesen Gedanken zu verlieren.

Dostojewski kann einem sehr gut vermitteln, wie Spielsüchtige denken, wieso sie immer wieder in das Casino zurückkehren, um noch mehr Geld zu verlieren. Nicht nur der Hauslehrer, auch eine alte Tante ruinieren sich vor Ort, was klarmachen soll, dass es jeden „treffen“ kann. Der Roman zeigt, wie ein Mensch schließlich komplett von der Spielsucht besessen sein kann, sodass ihm alles andere egal zu sein scheint. Keine Urlaubslektüre (ich habe es am Strand liegend versucht), da man hier nicht unbedingt gute Laune bekommt, aber definitiv ein Klassiker, den man einmal in ein paar ruhigen, verregneten Stunden gelesen haben sollte! Achja, Dostojewski soll diesen Roman seiner Frau übrigens in nur 26 Tagen diktiert haben, da er die Rechte an ihm schon verpfändet hatte, bevor er geschrieben war.

Welches ist euer Lieblingswerk von Dostojewski? So langsam sollte ich alle durch haben, aber das Gute daran ist, dass man sie auch immer wieder lesen kann, da einen die Atmosphäre einfach umhaut. Den Spieler habe ich aber zurück ins öffentliche Bücherregal gestellt, so kann sich jemand neues daran erfreuen!

[Lesenswert] Von Mäusen und Menschen – John Steinbeck

Der Titel Von Mäusen und Menschen von John Steinbeck war mir zwar ein Begriff, aber worum es in dem Buch ging – ich hatte absolut keine Ahnung. Da mir der Buchrücken auch nichts erzählte, sprang ich einfach mal ins eiskalte Wasser und nutzte meine siebzehnstündige Zugfahrt (ok, so lange habe ich nicht für die paar Seiten gebraucht..) produktiv!

Worum geht’s Die beiden Freunde Lennie und George ziehen durch die USA und halten sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Sie träumen davon, genug Geld zu sparen, um sich eine eigene kleine Farm mit Tieren und Garten zu leisten. Eben etwas, was ihnen „gehört“ und nicht ein Ort, wo sie nur geduldet werden. Das Problem dabei ist nur, dass Lennie geistig etwas zurückgeblieben, gleichzeitig aber wahnsinnig stark ist, wodurch es zu „Unfällen“ kommt, welche das Duo zwingen, weiterzuziehen. George versucht, Lennie vor sich selbst zu schützen, scheitert aber immer wieder.

Wie ist’s Es liest sich wahnsinnig gut runter, John Steinbeck hat einfach eine fesselnde Art, zu schreiben! Man ist gleich in der Geschichte drinnen, fühlt mit George und Lennie mit, will das Unheil nicht kommen sehen, doch gleichzeitig ist man nicht überrascht. Alles, was passiert, macht Sinn und ist nicht aufzuhalten, so sehr Lennie es auch versucht. Das Ende ist einfach eine logische Schlussfolgerung, lässt einen aber trotzdem nachdenklich zurück. Man fragt sich, was man selbst in der Situation getan hätte.

Das Buch hätte für mich gerne dicker, die Personen noch tiefer beschrieben sein dürfen und gerne hätte ich auch noch mehr Story gehabt. Die es nicht braucht, das hat Steinbeck schon hervorragend gelöst, ich hätte nur einfach gerne mehr Lesegenuss gehabt. Was mein einziger Meckerpunkt ist, denn ich wurde gut unterhalten, habe es in einem Rutsch durchgelesen und will nun noch weitere Werke des Autoren lesen. Tortilla Flat habe ich noch im Regal stehen, welches ebenfalls so dünn ist, dass ich es bisher nie angefangen. Aber gut John, ich lasse mich auf dich ein und lese dann einfach viele, dünne Werke!

Welches Buch von John Steinbeck hat euch besonders beeindruckt? 🙂

[Lesenswert] Die Farbe Lila – Alice Walker

Der Briefroman Die Farbe Lila von Alice Walker ist vielen von euch bestimmt ein Begriff, da das Buch auch sehr erfolgreich verfilmt wurde. Nachdem ich es eine ganze Weile bei mir rumliegen hatte, schnappte ich es mir als Zwischendurch-Buch und das war genau richtig so, da man immer wieder kurz reinlesen konnte, ohne ewig zu brauchen, bis man wieder in der Geschichte drinnen war.

Worum geht’s Die in den Südstaaten lebende, 14-jährige Celie beginnt zunächst Gott, später ihrer Schwester Nellie, Briefe zu schreiben und aus ihrem Leben zu erzählen. Dieses gestaltet sich leider zunächst alles andere als leicht; mit einem gewalttätigen Vater und später einem ebensolchen Ehemann lernt Celie erst durch Shug, eine Sängerin, was Liebe bedeutet.

Wie ist’s Vom Inhalt her ganz klar keine leichte Kost, wir haben Armut, Rassismus, Vergewaltigung und häusliche Gewalt, um nur ein paar der Themen des Buches zu nennen. All dies wird in zunächst eher kindlichen, später erwachseneren Briefen an Gott und die Schwester erzählt, wobei man eine zweite Erzählebene erhält, da die Schwester ebenfalls schreibt. Man leidet, manchmal geschehen schlimme Dinge quasi nebenbei und der Leser ist nicht vorbereitet. Wie es eben im echten Leben so ist.

Die Sprache ist zwar authentisch, teilweise aber schwierig zu lesen, somit habe ich hier nie über fünfzig Seiten am Stück geschafft. Doch da ich nicht der größte Briefroman-Fan bin, muss ich sagen, dass es mich von der Geschichte eben doch gekriegt hat und man wissen will, wie es mit Celie weitergeht und ob ihr nicht doch noch ein Happyend bevorsteht. Alice Walker gelingt es, ihre Charaktere so gut zu beschreiben, dass man mit ihnen lacht, leidet und weint ihnen einfach nur das Beste wünscht.

Ein Roman, welcher mich länger beschäftigt hat und nicht in Vergessenheit geraten wird – den Film werde ich mir jetzt aber nicht anschauen, da habe ich doch lieber meine eigenen Vorstellungen der Charaktere im Kopf. Noch einmal muss ich die Geschichte allerdings nicht lesen, somit darf das Buch wieder zurück in den öffentlichen Bücherschrank 🙂 Habt ihr den Roman zufällig auch gelesen oder den Film gesehen? Wie hat er euch gefallen?

[Lesenswert] Wer die Nachtigall stört – Harper Lee

Gaaaaang gemütlich arbeite ich meine „Klassiker, die mal doch mal gelesen haben sollte“-Liste ab und da stand natürlich auch Wer die Nachtigall stört von Harper Lee drauf. Haben viele von euch bestimmt im Englischunterricht gelesen, sollten wir auch, aber irgendwas kam dann damals doch dazwischen. 1960 ist das Buch erschienen, Harper Lee hat dafür den Pulitzer-Preis gewonnen und dann einfach nie wieder ein Buch geschrieben. Kann man auch mal machen 😉

Worum geht’s Das Buch ist ein Coming of Age Roman, welcher in einer Kleinstadt in den Südstaaten der USA während der Great Depression (genauer 1933-1935) spielt. Scout und ihr älterer Bruder Jem erleben Alltagsrassismus an jeder Ecke, welcher sich intensiviert, als ihr Vater in seiner Tätigkeit als Anwalt einen wegen Vergewaltigung einer weißen Frau angeklagten Afroamerikaner vor Gericht verteidigt. Thematisch geht es in dem Buch aber auch um Freundschaft, Aufwachsen ohne Mutter, erste Liebe, das Geschehen in der Nachbarschaft und die Kindheit von Scout wird sehr komplex vor dem Leser ausgebreitet.

Wie ist’s So viel mehr als ich dachte! Man hat mit dem Buch ein paar Schlagworte im Kopf, die Geschichte wird aber viel komplexer erzählt und besonders aus Sicht des Mädchens wird dies sehr spannend. Anfangs dachte ich erst, ok, vielleicht habe ich das Buch doch falsch eingeordnet, aber Harper Lee baut die Geschichte sehr langsam auf, gibt einem quasi nebenbei Infos mit, wie das Leben in der Zeit ausgesehen haben mag, wie schrecklich der zwischenmenschliche Umgang teilweise war, wie wenig an der einen, dafür aber sehr viel an der anderen Ecke reflektiert wurde. All dies erlebt Scout, welche herausfinden muss, was ihre Ansichten sind und hier wird der Leser sehr gut mitgenommen.

Wieder ein Buch, was gerne noch etwas länger hätte sein dürfen, wobei das Ende durchaus „rund“ ist, den Leser zwar nachdenklich, aber nicht mit drängenden Fragen zurücklässt. Der Schreibstil ist sehr angenehm, er fließt daher, doch kann man durch die kurzen Kapitel auch gut mal aufhören (wenn man aus dem Bus aussteigen muss). Stark konzentrieren muss man sich beim Lesen nicht, aber es macht Spaß. Teilweise kommen aber auch Tode um die Ecke, die so unerwartet sind, dass ich doch noch einmal zurückblättern musste, ob ich da ein Anzeichen für überlesen hatte.

Scout und Jem sowie ihr Freund Dill und Atticus (ihr Vater) werden sehr gut porträtiert, bei einigen anderen Charakteren hätte ich mir aber doch noch etwas mehr Tiefe gewünscht. Zwar gelingt es der Autorin sie allein durch ihre Handlungen und wegen Äußerungen gut einordbar zu machen, aber ich hätte einfach gerne noch mehr von ihnen selbst gehört. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, da ich einfach noch 50 Seiten mehr gewollt hätte.

Habt ihr das Buch auch gelesen, vielleicht sogar in der Originalversion „To kill a mockingbird“? Wenn ja, wie hat es euch gefallen? Und an welchen Klassiker werdet ihr euch als nächstes wagen? Da bei ibooks viele Klassiker lizenzfrei zu kriegen sind, werde ich da dieses Jahr noch den ein oder anderen lesen!

[Lesenswert] Der Tod des Iwan Iljitsch – Leo Tolstoi

Nach Wochen voller Fachliteratur (die durchaus spannend ist) habe ich mir endlich mal wieder eine Stunde freigeschaufelt und mich in einen russischen Klassiker geworfen. Leo Tolstoi (übrigens auch Vegetarier, der Gute) begleitet mich schon mein Leben lang, ob Anna Karenina oder Krieg und Frieden – zu Beginn meines Studiums habe ich Nächte mit ihm verbracht. Dann wurde die Zeit kürzer, aber zum Glück auch seine Werke. Der Tod des Iwan Iljitsch hat in der Reclam-Ausgabe (die ich im öffentlichen Bücherschrank hier in Ziegelhausen fand) gerade einmal 92 Seiten und die habe ich locker-flockig runtergelesen.

Worum geht’s Um das Leben und Sterben des 45-jährigen Justizangestellten Iwan Iljitsch, der an einem Magenleiden erkrankt und sich plötzlich der Gewissheit stellen muss, dass es das jetzt gewesen ist. Es geht um die Themen Angst vor dem Tod, Machtlosigkeit, Frustration, dem Bewusstwerden, dass man das eigene Leben nicht sinnvoll, „gut“, gelebt, sondern für andere konstruiert hat.

Wie ist’s Absolut fesselnd, auch wenn man weiß, dass am Ende der Tod steht. Das Werk beginnt mit der Trauerfeier Iwan’s, welche durch die Perspektive eines Kollegen geschildert wird. Danach erfährt man kurz seinen Werdegang, die unglückliche Ehe, die Beziehung zur Arbeit und zu seinen „Freunden“. Als er erkrankt, erlebt man mit, wie Iwan mehr und mehr in Machtlosigkeit zerfällt, was so eindringlich beschrieben wird, dass man beim Lesen Pausen machen muss, da es sehr stark wirkt. Es hilft einem aber, sich jetzt schon (ohne den eigenen drohenden Tod vor Augen) mit all den Fragen zu beschäftigen, mit welchen Iwan kämpft, sich zu überleben, ob das, was man tut auch das ist, was man tun will.

Tolstoi geht hier auf die Frage ein, wie wenig Rationalität einem hilft, den eigenen Tod zu rechtfertigen, wie wenig dieses eigentlich logische Ereignis, das wir alle erfahren werden, durch Logik erklärt werden kann. Trost spendet diese Tatsache zumindest nicht, weder Iwan noch seiner Familie. Das dünne Büchlein ist sehr sprachgewaltig und die Thematik zwar schwer, aber absolut lesenswert. Es geht an die elementaren Fragen, die wir uns alle stellen und beschreibt sehr anschaulich einen Einzelfall, welcher wohl auf einem realen Vorbild (Bruder eines Freundes von Tolstoi) basieren soll. Wer russische, düstere, melancholische Literatur mag, das ist absolut euer Buch! Für mich hätte es gerne auch doppelt so lange sein dürfen, wobei Tolstoi alles gesagt hat, was es dazu zu sagen gab – mich hätten nur die Perspektiven der anderen Beteiligten noch etwas mehr interessiert, besonders die Beziehung zur Ehefrau war nicht gerade einfach.

Mögt ihr Tolstoi auch so gerne? Was habt ihr zuletzt von ihm gelesen? Wenn ihr einen unbekannten russischen, gerne zeitgenössischen Autor habt, her damit 🙂 Mein Bücherstapel ist zwar absolut übertrieben hoch, aber ein Buch mehr geht immer noch!

[Lesenswert] The Importance of Being Earnest – Oscar Wilde

Getreu meinem „ab und zu muss man mal wieder einen Klassiker lesen“-Motto, schnappte ich mir The Importance of Being Earnest von Oscar Wilde, welches es als kostenlosen Ebookdownload in meiner Bibliothek gab. Klar kenne ich den Namen Oscar Wilde, wirklich gelesen habe ich den Autor aber bisher noch nicht. Da ich auch keine Ahnung hatte, worum es bei The Imortance of Being Earnest geht, war das definitiv mal ein komplett ungetrübtes bzw unvoreingenommenes Lesevergnügen.


Worum geht’s

Wir haben die beiden Hauptpersonen John und Algernon, die Freunde sind und gleichzeitig in zwei Frauen verliebt, mit denen sie sich verloben wollen. Allerdings nehmen sie es mit der Wahrheit nicht so genau und so kommt es hier zu allerlei lustigen Missverständnissen, bis es am Ende schließlich zu einer wahren Offenbarung kommt, die keiner hat kommen sehen. Naja ok, ein paar Seiten vor Schluß wird es schon sehr offensichtlich, aber es macht trotzdem Spaß.

Wie ist’s

Das Stück besteht aus drei Akten, die allerdings alle recht kurz sind und man somit keine zwei Stunden braucht, um es komplett gelesen zu haben. The Importance of Being Earnest ist leicht im Original zu lesen und bietet einen interessanten Einblick in die damalige Zeit und wie man sich in welcher Schicht verhielt. Oscar Wilde gibt einen Blick in die englische Mittelklasse, die sich sowohl Stadt- als auch Landhäuser leisten kann, aber trotzdem nicht ohne weiteres einfach heiraten kann. Es kommt darauf an, woher man kommt, was in einem Gespräch zwischen Algernon und der Mutter seiner Angetrauten recht deutlich wird.

Insgesamt sind nur wenige Personen für die Handlung in dem Stück wichtig und die Charaktere werden in der kurzen Zeit auch nicht zu ausführlich skiziiert, was ich etwas schade fand. Somit kann ich mir gut vorstellen, dass es noch mehr Spaß macht, das Theaterstück aufgeführt zu sehen, da es so mehr Facetten bekommt.

Insgesamt würde ich jetzt nicht sagen, dass man dieses Stück unbedingt gelesen haben muss, da es aber wirklich kaum Zeit in Anspruch nimmt, lege ich es euch dennoch ans Herz. Es hat lustige Stellen, bringt einen etwas zum Nachdenken und dürfte für diejenigen Leser spannend sein, die zwar Interesse an der englischen Vergangenheit haben, sich aber einfach nicht mit Jane Austen herumquälen wollen. Hier hat man die kurze und knappe Version aus männlicher Sicht.

[Lesenswert] Schachnovelle – Stefan Zweig

Das Buch kennen bestimmt einige von euch, es steht auf vielen Leselisten von Schulen, ich selbst habe es aber nie im Unterricht lesen müssen. Da ich aber endlich etwas mit dem Titel verbinden wollte, freute ich mich, als ich das dünner Werk Schachnovelle von Stefan Zweig im öffentlichen Bücherschrank fand. Den verregneten 1. Mai habe ich dann einfach mit der kurzen Lektüre und dem längeren darüber Nachdenken verbracht.

Worum geht’s Wir befinden uns auf einem Schiff von New York nach Buenos Aires, unter dessen Passagieren sich der amtierende Schachweltmeister befindet. Unser Erzähler bringt diesen mit anderen Schachbegeisterten schließlich dazu, eine Partie gegen sie zu spielen. Während sie zunächst verlieren, rettet ein unbekannter Österreicher sie schließlich und setzt den Schachweltmeister unter Druck. Dieses verlangt ein weiteres Spiel, nachdem er doch wirklich dazu gezwungen wurde, gegen diesen unbekannten Möchtegern zu kapitulieren und es beginnt ein kräfte- und nervenzehrendes Duell.

Wie ist’s Zunächst klang die Story nicht so pralle, ich bin ehrlich und wäre das Buch sehr dick gewesen, ich hätte wohl nicht angefangen. Neugierig war ich aber doch, wieso es so gerne als Schullektüre verwendet wird und kann jetzt sagen, auch in der Kürze bekommt man hier viele Themen. Zunächst schreibt Stefan Zweig natürlich gut und fesselnd, ich habe die Schachnovelle in einem Rutsch gelesen. Die Thematik, die sich nach und nach offenbart, nämlich die Vergangenheit des unbekannten Schachspielers als Gefangener der Gestapo, ist sehr spannend und sein psychischer Verfall einfach nur noch fesselnd. Was falsch klingt, leider aber meine Wahrheit ist. Man fiebert mit, man leidet, man will ihn in das Hier und Jetzt zurückholen und ihm sagen, dass alles in Ordnung ist oder zumindest sein wird.

Achso, Angst, dass das Buch nur für Schachkenner interessant ist, muss man nicht haben. Zwar geht es auch um das Spiel, aber es bietet die Rahmenhandlung und dominiert die Geschichte nicht. Eine „Schachvergiftung“, wie unser Protagonist sie erlitten hat, bekommt ihr nicht, keine Angst. Außer man sperrt euch vielleicht nur mit der „Schachnovelle“ über einen unbekannten Zeitraum in einem Raum ein, dann könnte das doch passieren.

Viel mehr will ich nicht verraten, lest das dünne Büchlein am besten selbst und lasst euch auch begeistern. Schade, dass sich unser Deutschlehrer damals dagegen entschieden hat, nachdem ich es durch hatte, mussten nämlich jetzt meine Freunde zum Diskutieren ran, die alle etwas mitleidig geguckt haben 😉 Habt ihr das Buch damals lesen müssen oder so zufällig gelesen? Wie hat es euch gefallen? Von Stefan Zweig kenne ich kein weiteres Werk, werde mich da aber irgendwann (wenn ich mehr Zeit habe) bestimmt weiterbilden.

This website uses cookies. By continuing to use this site, you accept our use of cookies.