Schlagwort: Literatur 2022 Lesen

[Lesenswert] ABC-Lesechallenge 2022 – Endstand!

Da ist die ABC-Lesechallenge 2022 auch schon wieder herum, verrückt, wie schnell die Zeit verfliegt! Wie schon die Jahre zuvor geht es mir bei dieser persönlichen Challenge darum, mindestens einen Buchtitel mit jedem Anfangsbuchstaben des Alphabets zu lesen und das habe ich noch nie komplett geschafft. Ob mir das jetzt im Jahre 2022 endlich gelungen ist, erfahrt ihr nun!

Zwischenstand: 23 von 26 Buchstaben „gelesen“

Altes Land – Dörte Hansen (klick)

Americanah – Chimamanda Ngozi Adichie (klick)

Anana. Eine Inuit-Legende – Ina Vandewijer (klick)

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Blackout – Marc Elsberg (klick)

Böser Wolf – Nele Neuhaus (klick)

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Caravan – Marina Lewycka (klick)

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dritte Bruder, Der – Nick McDonell (klick)

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Etta und Otto und Russell und James – Emma Hooper (klick)

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Farbenblind – Trevor Noah (klick)

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Geheimcode, Der – Eoin Colfer (klick)

Geheimer Ort – Tana French (klick)

Gestirne, Die – Eleanor Catton (klick)

Guantanamo Boy – Anna Perera (klick)

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Herzstoß – Joy Fielding(klick)

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Ich bin dann mal weg – Hape Kerkeling (klick)

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Ja, damals – Else Hueck-Dehio (klick)

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Komm, ich erzähl dir eine Geschichte – Jorge Bucay (klick)

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Leben ist zu kurz für später, Das – Alexandra Reinwardt (klick)

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Muttertag – Nele Neuhaus (klick)

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Norwegian Wood – Haruki Murakami (klick)

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Oh, wie schön ist Kanada – Bernadette Calonego (klick)

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Paket, Das – Sebastian Fitzek (klick)

Pest, Die – Albert Camus (klick)

Petropolis – Anya Ulinich (klick)

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Q

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Rache, Die – Eoin Colfer (klick)

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Save me – Mona Kasten (klick)

Save us – Mona Kasten (klick)

Save you – Mona Kasten (klick)

Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod, Die – Hakan Nesser (klick)

She explores. Frauen unterwegs – Gale Straub (klick)

Sieben Minus Eins – Arne Dahl (klick)

Slam – Nick Hornby (klick)

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Tiefe Wunden – Nele Neuhaus (klick)

Tiger Ladies, The – Sudha Koul (klick)

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Unsere kleine Stadt – Thornton Wilder (klick)

Unter dem Eis – Gisa Klönne (klick)

Unter Paaren – Thomas Lang (klick)

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Verlassen – Tahar Ben Jelloun (klick)

verlorene Kolonie, Die – Eoin Colfer (klick)

Verschwörung, Die – Eoin Colfer (klick)

Viva Polonia – Steffen Möller (klick)

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Wald ist Schweigen, Der – Gisa Klönne (klick)

Was man von hier aus sehen kann – Mariana Leky (klick)

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X

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Y

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Zarengold. Ein Darmstadt-Krimi – Michael Kibler (klick)


Wieder bin ich knapp gescheitert und habe es nicht geschafft, alle Buchstaben des Alphabets zu lesen. An Q, X und Y hat es gehangen und ich hatte die Jahre zuvor eher weniger Probleme, ein englischsprachiges Buch mit Y zu finden, aber 2022 war der Wurm drinnen..und ich habe zwar Quo Vadis hier liegen, aber es klingt sooooo langweilig, dass ich mich nicht überwinden durfte. Insgesamt gelesen habe ich dieses Jahr 44 Bücher gelesen, was mir gut gefällt und da ich meist mehrere Bücher zeitgleich lese, habe ich noch ein paar, die fast durchgelesen sind hier.

Da ich es mag zu protokollieren, was ich alles lese (und so bereue, das nicht schon seit meiner Jugend gemacht zu haben), werde ich natürlich auch 2023 wieder an der ABC-Lesechallenge teilnehmen und versuchen, endlich ein spannend klingendes Buch mit Q zu finden. Und vielleicht schaffe ich es sogar, noch ein paar Bücher mehr zu genießen, da es für mich Anfang 2023 erst einmal nach Nordfinnland geht und man da ja besonders gut drinnen im Warmen sitzen und lesen kann, wenn draußen die dunkle Welt einfriert.

[Lesenswert] Norwegian Wood – Haruki Murakami

Von sooooo vielen Menschen wurde mir der erste Bestseller Norwegian Wood von Haruki Murakami empfohlen, dass ich es einfach lesen musste. Seit 2009 besitze ich es (ich weiß noch genau, wo in Delhi ich es damals gekauft habe) und nahm es immer mal wieder in die Hand. Aber es klang einfach nur nach einer banalen Liebesgeschichte und somit konnte ich mich nie dazu „durchringen“..absurde Worte für ein millionenfach verkauftes Buch, ich weiß! Aber hey, 2022 habe ich es endlich geschafft!



Worum geht’s

Gemeinsam mit Toru Watanabe erinnern wir uns durch den Song „Norwegian Wood“ von den Beatles zurück in seine Jugend. Diese ist geprägt von vom Verlust seines besten Freundes und einer sehr komplizierten Liebesgeschichte bzw sogar zweien. Beide Frauen, Naoko und Midori könnten nicht unterschiedlicher sein und Toru kann sich einfach nicht entscheiden, während er als Theaterstudent gleichzeitig versucht herauszufinden, was er im Leben eigentlich will.

Wie ist’s

Nur durch den Klappentext hat mich das Buch irgendwie nie soooo sehr interessiert und es dauerte wirklich ewig, anzufangen. Dann hat mich Murakami aber doch immer mehr in den Bann gezogen und etwa ab der Hälfte wollte ich unbedingt wissen, wie es weitergeht mit Toru, Naoko und Midori. Besonders gut thematisiert fand ich die psychischen Abgründe, in welchen die Personen wandelten und dass Depressionen und Suizid auf sehr einfühlsame Weise thematisiert wurden. Für die damalige Zeit (das Buch kam 1986 glaube ich in Japan heraus) definitiv ungewöhnlich!

Die Erzählweise ist langsam, man durchlebt mit Toru seine Erinnerungen erneut und hat hier eine dramatische Coming of Age-Geschichte, von der man aber immerhin weiß, dass er daraus hervorgehen irgendwie lebend wird. Da Japan für mich eine enorm interessante Kultur hat, fand ich diese junge und später reflektierte Perspektive darauf spannend und sehr gut beschrieben. Wann immer in dem Buch übrigens „Norwegian Wood“ thematisiert wurde, habe ich das Lied von den Beatles beim Lesen laufen lassen, aber also meins ist es nicht 😉

Unerwarteterweise hallt das Buch in mir nach, ich habe es vor etwa zwei Monaten gelesen und denke noch manchmal daran zurück. Dabei ist es weniger die Geschichte eines Jungen, der zwei unterschiedliche Frauen liebt, sondern eher die Geschichten der Frauen, die so komplex waren, die mich berühren. Ich kann also doch nachvollziehe, wieso dieser Roman ein internationaler Bestseller geworden ist!


Das Verlangen, das Buch noch einmal zu lesen, habe ich allerdings nicht, somit ging es schon in den öffentlichen Bücherschrank und erfreut hoffentlich noch andere Menschen mit seiner zwar langsamen, aber dafür sehr sensiblen, zum Nachdenken und Mitfühlen anregenden Erzählform. Habt ihr Norwegian Wood zufällig auch schon gelesen? Oder habt ein anderes Buch von Murakami, welches ihr empfehlen könnt?

[Lesenswert] She Explores. Frauen unterwegs – Gale Straub

Meine Mama drückte mir das Buch She Explores. Frauen unterwegs von Gale Straub in die Hand und sagte, dass ich mir das unbedingt anschauen müsse. Anschauen passt hier definitiv auch viel besser als lesen, denn die einzelnen, kurzen Texte von insgesamt 40 Frauen werden mit wunderbaren Bildern illustriert, die dieses Buch zu einem wahren visuellen Genuss werden lassen.


Worum geht’s

She-Explores bzw Gale Straub bringt in diesem Buch 40 inspirierende Outdoor-Geschichten von Frauen mit wunderschöner Landschaftsfotografie zusammen. Die Stories gehen häufig darum, keine Angst zu haben, sondern die eigenen Komfortzone zu verlassen und zu schauen, was sich dahinter alles verbirgt. Thematisiert wird hier besonders das Alleine-Reisen, sei es zu Fuß, per Rad oder auch im umgebauten Van und das sowohl bei kürzeren Tagestouren als auch als eigenständiger Lebensstil. Am Ende der Kapitel werden immer kurze Tipps zum jeweiligen Thema gegeben, welches für Einsteiger bestimmt eine gute Hilfe darstellt (und wenn auch nur, um sich sicherer zu fühlen bei diesen ersten Schritten).



Wie ist’s

Definitiv schön anzuschauen und super, um es immer mal wieder zur Hand zu nehmen – für mich das ideale Coffeetable-Buch, welches einem sofort Inspiration geben kann oder zumindest einen Ausflug in die jeweilige Landschaft. Die Bilder sind wunderschön, wobei ich da immer sofort dran denken muss, dass die Natur in Wahrheit noch beeindruckender und atemberaubender ist. Die einzelnen Texte sind kurz und nett, die Schreibstile „normal“, was nicht abwertend gemeint ist, aber meist nicht sehr fesselnd. Was auf 1-3 Seiten aber auch immer kompliziert ist. Man bekommt einen ganz kurzen Einblick in das Leben und die Gedankenwelt der 40 sehr unterschiedlichen Frauen – und was ich toll finde ist, dass am Ende des Buches alle mit ihren Instagramaccounts oder anderen sozialen Medien aufgeführt sind, wodurch man ihnen folgen und mehr über die jeweilige Person erfahren kann.

Die jeweiligen Tipps am Ende der Kapitel fand ich sehr schwach, aber gut, ich lebe genau diesen Lifestyle auch schon viele Jahre und weiß somit, was für mich da wie am besten funktioniert. Für jemanden, der aber komplett neu in diese Welt eintauchen will, sind sie vielleicht sinnvoll..aber das meiste ist mit gesundem Menschenverstand eben schon vorher klar. Hier hätte man den Platz für mich sinnvoller nutzen können (und ja, das waren nur wenige Seiten, aber ich überflog sie dann schnell).

Statt wirklichen Routentipps (was ich zunächst erwartete) bekommt man hier nur grob gesagt, wo die jeweiligen Bilder aufgenommen wurden bzw wo die Frauen so unterwegs sind. Ich hätte mich über ein paar präzisere Infos gefreut, wo die jeweiligen Frauen besonders gerne ihre Abenteuer erleben und mir somit neue Inspiration für konkrete Orte gesucht. Hier weiß man dann, dass sie z.b. im Redwood National Park wandert, aber eben nicht genaueres über die besonders tollen Trails.


Das Buch ist für mich eine schöne Geschenkidee für Freundinnen, die gerne reisen und immer neue Inspiration suchen und vielleicht auch schon mal alleine unterwegs waren oder es sein wollen. Persönlich reise ich schon über zehn Jahren alleine durch die Welt und finde es ganz wunderbar und gar nicht beängstigend. Klar, man ist auf sich allein gestellt und muss definitiv immer wieder aus seiner Comfort-Zone heraustreten, aber ich habe dabei so unendlich viel über mich selbst gelernt..ohne wäre ich heute einfach ein anderer Mensch. In meinem Freundeskreis versuche ich auch immer, dazu zu ermutigen, viele meiner Freundinnen sagen aber, dass es doch langweilig sei – war mir ehrlich gesagt noch nie, da man immer wahnsinnig spannende Menschen (die einen nicht umbringen wollen) kennenlernt und absolut neue Perspektiven auf die Welt erhält. Aber gut, ich bin auch Ethnologin, da muss ich diesen Drang ja einfach haben! Somit ist dies vielleicht für die ein oder andere ein tolles, motivierendes Geschenk, um sich dann doch auch mal zu trauen.

[Lesenswert] Caravan von Marina Lewycka!

Der Roman Caravan von Marina Lewycka stand definitiv schon einige Jahre auf meiner Leseliste und umso mehr freute ich mich, als ich ihn im öffentlichen Bücherschrank entdeckte. Ich bleibe dabei, dass ich dieses Konzept der öffentlichen, kostenlosen Bibliotheken, die meist jederzeit zugänglich sind, einfach liebe – und dadurch selbst viel weniger Bücher kaufe und auch horte. Denn eigentlich geht jedes Buch, welches ich in einem öffentlichen Bücherschrank finde, auch wieder dorthin zurück, um noch vielen Leuten eine Freude zu machen. So, jetzt aber zum eigentlichen Thema, wie gefiel mir meine erste Lesebegegnung mit Marina Lewycka?



Worum geht’s

Eine Truppe Erdbeerpflücker wird in Groß-Britannien gnadenlos ausgebeutet und lebt unter alles andere als guten Umständen in zwei Wohnwagen direkt am Feldrand. Die Männer und Frauen aus China, der Ukraine, Polen und Malawi kamen mit großen Zielen und falschen Versprechungen zu dieser Arbeit und arrangieren sich irgendwie mit der Situation. Bis der Bauer bei einem Unfall verletzt wird und sie Hals über Kopf mit dem Wohnwagen fliehen..wohin, das wissen sie auch nicht, aber schlechter kann es ja nicht mehr werden..so beginnt eine turbulente Reise durch das Land und verändert die einzelnen Schicksale nachhaltig, auch das eines Hundes.

Wie ist’s

Definitiv ein gesellschaftskritischer, noch immer sehr aktueller Roman, der jedoch nicht belehrend wirkt, sondern fast nebenbei die teilweise schrecklichen Alltagsrealitäten aufzeigt, die u.a. auf skrupellose, ausbeutende Globalisierungsnebenwirkungen zurückzuführen sind. Persönlich finde ich die Geschichte(n) gut geschrieben, man fühlt mit, kann sich in die einzelnen Personen und ihre Dilemmata hineinversetzen und will wissen, wie es weitergeht. Lediglich de Hund, der eine eigene Stimme bekam, hätte weggelassen werden dürfen, das fand ich etwas mühsam zu lesen so ohne Punkt und Komma (und ich liebe Hunde!).

Grausamkeiten werden sachlich beschrieben, wodurch sie fast noch schlimmer wirken und die Momente in der Halle der Hühnermassenzucht hallen nachhaltig nach. Wäre ich nicht schon Vegetarier, spätestens hier hätte ich aufgehört, Tiere zu essen. Dabei wird gar keine überdramatisierende Sprache benutzt, sondern die Realität alleine reicht, dass einem übel wird. Viele Szenen wirken sehr real, als wären sie persönlich erlebt worden und die Autorin wuchs selbst als Tochter ukrainischer Einwanderer in Deutschland und Groß-Britannien auf und hat die einzelnen Momente vielleicht nicht am eigenen Leib erlebt, aber doch erzählt bekommen. Man lernt in scheinbar banalen Nebensätzen viel über die Situationen, aus denen die unterschiedlichen Menschen fliehen mussten und wie unterschiedlich ihre Meinungen über diese Missstände und Probleme in ihrer Heimat sind.

Was ich etwas unnötig fand, war die „Liebesgeschichte“ und die vielen sexuellen Beschreibungen und Anspielungen, die einfach langweilig waren, da sie nichts zur Story beitrugen. Ja, bisschen Coming of Age in der Fremde und ein bisschen mehr Realität als Traumprinz, aber das hätte abgekürzt werden dürfen. Ich muss nicht unbedingt bei allen sexuellen Erfahrungen und Gedanken aller Personen dabei sein, interessant fand ich hier nur unseren Jungen aus Malawi, der sehr katholisch erzogen wurde und sich von der „Fleischerslust“ fernhalten wollte..und niemand verstand, was er da mit den Fleischern für ein Problem hat. So, das war es dann aber auch mit meinem Meckern.


Marina Lewycka wird in meinen Augen zu recht für ihren Schreibstil und ihre realen Geschichten gefeiert und ich bin froh, endlich selbst etwas von ihr gelesen zu haben. Das Buch wird etwas in mir nachhallen, was die Alltagsrealitäten vieler Gastarbeiter in der EU betrifft und somit empfehle ich es auch weiter. Keine seichte, gute-Laune-Lektüre, wobei man durchaus auch lachen wird, nur mit etwas zu viel konstruierter Liebesgeschichte und in Großbuchstaben geschriebenen Hundegedanken. Ich habe noch die kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch von ihr auf meinem Lesestapel und freue mich schon darauf – werde jetzt aber erst einmal eine Pause machen und ein paar thematisch ganz weit entfernte Romane lesen 🙂

[Lesenswert] Unter dem Eis von Gisa Klönne

Nachdem ich den ersten Roman (Der Wald ist Schweigen) von Gisa Klönne an einem Tag nur so verschlungen habe, lief ich zurück zum öffentlichen Bücherschrank und holte mir auch ihren zweiten Krimi. Denn egal, worum es eigentlich geht, ich wollte Unter dem Eis von Gisa Klönne sofort lesen und schauen, ob er mich erneut so in seinen Bann ziehen würde!


Worum geht’s

Erneut haben wir nicht nur einfach einen Kriminalfall in Deutschland, diesmal geht es auch noch nach Kanada. Judith Krieger, unsere Kriminalhauptkommissarin aus dem 1. Band, ist aktuell noch vom Dienst befreit, hat ihre Vergangenheit aber mit Psychologen gut aufgearbeitet und steht kurz vor ihrem erneuten Wiedereintritt. Da meldet sich ein ehemaliger Schulkamerad bei ihr, dass eine Mitschülerin von damals verschwunden sei und er es sich einfach nicht erklären kann. Somit nutzt Judith ihre letzten freien Tage, um sich näher mit Charlottes Verschwinden zu befassen und was das mit Eisvögeln und Kanada zu tun haben könnte. Genau, diese Recherche führt sie dann zwingend in die Wildnis Kanadas..auf der anderen Seite haben wir Manni, ihren ehemaligen Kollegen, der strafversetzt wurde und sich jetzt plötzlich mit dem Verschwunden eines Jungen und seines Dackels beschäftigen darf. Hier scheint es zunächst gar keine Spur zu geben, was ihr zum Verzweifeln bringt, während er gleichzeitig mit privaten Problemen zu kämpfen hat.


Wie ist’s

Spannend, aber nicht so fesselnd wie der erste Band. Dabei finde ich beide Handlungsstränge interessant konstruiert, also sowohl die verschwundene Schulkameradin und der daraus resultierende Trip nach Kanada sowie der verschwundene Jugendliche samt verschwundenem Dackel. Denn auch wenn beide nicht miteinander zusammenhängen, so gibt es doch Parallelen, die sich um das Themen Mobbing, Ausgrenzung und (seelische) Gewalt unter Jugendlichen drehen, welche natürlich auch schon zu Kindheitszeiten der Ermittler präsent waren. Wie grausam es hier zugehen kann, ist immer wieder erschreckend und man kann gar nicht anders, als an die eigene Kindheit zu denken. Die Autorin arbeitet erneut primär mit der Psyche der Menschen, lässt uns langsam in die einzelnen Charaktere eintauchen und kreiert so eine gute Mischung aus Realität, Empathie und Unverständnis.

Überraschend fand ich die viele Infos über Eisvögel, die man so nebenbei präsentiert bekommen hat und muss sie hier noch einmal positiv erwähnen. Das ist zwar einerseits sehr spezifisches und auch wohl für mich unnötiges Wissen, aber ich hatte viel Spaß hiermit und bin froh, dass die Autorin wirklich recherchiert und viele Fakten präsentiert hat. Nach der Lektüre habe ich mich dann auch noch ein bisschen mehr mit Eisvögeln und ihrem Lebensraum beschäftigt und würde jetzt zumindest einen erkennen, wenn er mir mal vor die Augen flattern sollte. Also ein guter Ausgleich zu den sonstigen düsteren Themen, die man in Unter dem Eis zu lesen bekam.

Leider war der Krimi insgesamt trotz der beiden komplexen Hauptcharaktere Judith und Manni doch irgendwie nichts besonderes. Ich musste nicht direkt weiterlesen, sondern konnte ihn mir über ein paar Tage hinweg in Häppchen gönnen, ohne zu neugierig zu sein, wie es weitergeht. Versteht mich nicht falsch, das Buch ist nicht schlecht geschrieben und hat seine spannenden Momente (besonders die Suche nach dem vielleicht doch noch lebenden Jugendlichen), aber es endet recht ziemlich fad. Was mich überrascht hat, da ich von dem ersten Band eben so begeistert war und somit hohe Erwartungen hatte.


Muss ich diese Krimi-Reihe nun weiterlesen? Nein, es brennt mir nicht direkt unter den Fingernägeln, das muss ich zugeben. Würde ich einen weiteren Band mitnehmen, wenn ich ihn zufällig im öffentlichen Bücherschrank entdecke? Ich glaube schon, da ich von Band 1 noch nachhaltig begeistert bin und somit schauen würde, ob mich ein weiterer Krimi von Gisa Klönne nicht doch wieder in seinen Bann ziehen würde. Aber dieses Mal wären meine Erwartungen nicht mehr allzu hoch und somit..würde es vielleicht wieder besser passen 😉

Hattet ihr das auch schon mal, dass ihr von einem Serienauftakt maßlos begeistert gewesen seid und Band 2 euch dann verwirrt-enttäuscht zurückgelassen hat? Wenn ja, bei was denn?

[Lesenswert] Der Wald ist Schweigen von Gisa Klönne

Manchmal reicht schon ein Cover und man ist neugierig, worum es in einem Buch geht. So geschehen ist das letzte Woche mit Der Wald ist Schweigen von Gisa Klönne, wo mir die Autorin bis dato komplett unbekannt war. Nach nur einem Tag hatte ich das Buch durch und eilte zum öffentlichen Bücherschrank zurück, weil ich dort ein weiteres Buch der Autorin beim letzten Stöbern gesehen hatte. Denn fesselnd schreiben, das kann Gisa Klönne!


Worum geht’s

Mitten im Wald wird auf einem Hochsitz die nackte Leiche eines jungen Lehrers gefunden und Kommissarin Judith Krieger beginnt zu ermitteln. Nicht allzu weit entfernt leben „esoterische“ Aussteiger in einem Yoga-Meditationshof, die irgendetwas damit zu tun haben könnten, aber auch die neue Försterin, die den Toten fand, verbirgt etwas vor der Polizei. Judith Krieger muss gemeinsam mit ihrem neuen Kollegen Manni Korzilius herausfinden, was da eigentlich passiert ist, wobei die Zusammenarbeit alles andere als optimal verläuft und Judith in ihrem eigenen, traurigen Schicksal mehr und mehr zu versinken droht.

Wie ist’s

Von der Story klingt es jetzt gar nicht neu und aufregend, aber durch ihren Schreibstil hat Gisa Klönne mich einfach weiter und weiterlesen lassen. Nachts um 1 war ich dann fertig und froh zu wissen, was da jetzt wirklich alles passiert ist. Die Personen wurden mit Ecken und Kanten eingeführt, was ich mochte und sie haben manchmal Dinge getan, die man als Leser nicht erwartet hat. Besonders Judith Krieger gefiel mir und nicht nur mir, denn wie ich jetzt weiß, gibt es mittlerweile noch fünf weitere Bücher in dieser Krimiserie.

Es ist ein düsterer Roman und das nicht nur aufgrund der Morde. Es geht auch viel um die menschliche Psyche, wie sie mit Trauer, Leid und Schuld umgeht. Judith Krieger hat ihren ehemaligen Kollegen Patrick bei einem Einsatz verloren und gibt sich die Schuld an seinem Tod. Woran sie nach und nach zerbricht, was sich natürlich auch auf ihre Arbeit, ihre Beziehung und somit auch auf ihre Identität auswirkt. Dieser Kampf wird hier immer wieder thematisiert und mit der Geschichte verwoben.

Dass es zu viel Misskommunikation und fehlender Kooperationsbereitschaft bei den Ermittlern kommt, fand ich ebenfalls sehr realistisch beschrieben. Denn genau solche Hürden haben wir auch im Alltag zu meistern, wo man eine Nachricht sendet, aber beim Empfänger etwas ganz anderes ankommt und man bestenfalls für Verwirrung und schlimmstenfalls für Ärger sorgt. Hier hat es dann leider aber auch die Ermittlungen behindert und für frustrierte Alleingänge auf beiden Seiten gesorgt, die eben auch gefährlich sein können.

Sehr ausgefallen fand ich, dass es einen Bezug zu Indien in dem Buch gibt, zu Yoga und Meditation, was ich zunächst nicht habe kommen sehen, da es für mich nach „Mord im Wald + Aufklärung“ klang. Somit war ich sehr positiv überrascht, in diese Kulisse hineinzukommen, mit der ich eben auch viel anfangen kann. Dass ich aktuell täglich Yoga mache, hat da noch einmal doppelt gut gepasst 😉


Insgesamt also genau mein Buch, wenn ich mal ein paar Stunden komplett abtauchen will, da es spannende Wendungen und eine sehr fesselnde Schreibweise hatte. Das zweite Buch habe ich mittlerweile auch schon durch, das stelle ich euch nächste Woche vor und leider, leider gibt es keine weiteren Krimis mehr von ihr hier in meinem Bücherschrank. Wobei ich aber auch sagen muss, dass ich jetzt erst einmal genug Krimis gelesen habe, aber diesen hier kann ich sehr empfehlen – auch als Geschenk, wenn es nicht für ein Krimidinner oder einen Escaperoom reicht, denn man fiebert und rätselt einfach konstant mit!

[Lesenswert] Zarengold. Ein Darmstadt-Krimi von Michael Kibler

Wahrscheinlich hätte ich Zarengold von Michael Kibler ohne meine ABC-Challenge nie in die Hand genommen, aber mir fehlte noch ein Titel mit Z. Auch lese ich ihm Oktober vermehrt Krimis und somit passte es gerade sehr gut, als ich vor wenigen Tagen dieses Buch entdeckt. Dass es am Ende sogar ein sehr spannender Glücksgriff geworden ist, hatte ich nicht erwartet, aber dazu gleich mehr!

(im Hintergrund kann man einen der Schauplätze, den Hochzeitsturm auf der Mathildenhöhe erkennen)

Worum geht’s

Im Abstand von nur wenigen Tagen werden zwei Tote in Darmstadt (meiner aktuellen Wahlheimat) gefunden und sie scheinen irgendwie miteinander zusammenzuhängen. Die Verbindung besteht darin, dass der erste Tote an der Russischen Kapelle auf der Mathildenhöhe gefunden wurde (und wohl einen Einbrecher dort überraschte) und die zweite, brutal ermordete Frau aus der Ukraine kommt. Ihre Leiche wird in den „Katakomben“, den ehemaligen Kühlkellern der Darmstädter Brauereien durch einen anonymen Anruf bei der Polizei entdeckt. Hauptkommissarin Margot Hesgart und ihr Kollege Steffen Horndeich beginnen mit ihren Ermittlungen, während sie gleichzeitig ihr Privatleben mit einigen Höhen und Tiefen navigieren müssen.


Wie ist’s

Meine Erwartungen waren ehrlich gesagt nicht allzu hoch, ich habe seichte Unterhaltung erwartet. Und diese zwar auch bekommen, aber ich war gefesselt und habe das Buch in nur zwei Sitzungen durchgelesen. Denn es wurde für mich dadurch spannend, da ich die Orte kannte, an denen alles spielte (bis auf wenige fiktive Restaurants) und somit immer die jeweilige Hintergrundkulisse vor Augen hatten. Ich musste teilweise lachen, wenn die Charaktere mal wieder ewig nach einem Parkplatz suchen musste, da das in Darmstadt definitiv ein großes Problem ist und hatte meine Freude an den teils hessisch-sprechenden Personen.

Die Geschichte ist glaubwürdig, es passieren nicht zu viele verrückte Dinge und gleichzeitig hat der Autor sehr gut über die Darmstadts Geschichte recherchiert. Denn er hat eines der letzten Geheimnisse um die russische Zarenfamilie genommen und mit Darmstadt verknüpft und das ist realistisch. Die Personen werden etwas eingeführt, man merkt aber auch, dass es der zweite Teil dieser Darmstadt-Krimis ist, da das manchmal etwas kurz gehalten wird. Fand ich aber nicht tragisch, mich haben die persönlichen Themen und Beziehungen weniger interessiert, ich habe mit den Personen etwas mitgefühlt, wollte aber primär wissen, was es nun mit diesen beiden Morden auf sich hat.

Insgesamt spielt der Krimi an nur wenigen Tagen im Dezember und diese Tage sind auch die jeweiligen Kapitel. Was ich nett gemacht fand und man merkte, wie viel oder auch wenig da manchmal passiert, sei es in der Polizeiarbeit oder im Privatleben der Ermittler.

Für mich war der Krimi durch seinen Lokalbezug besonders lesenswert, somit weiß ich nicht, ob das nicht zu detailliert für Leute geschrieben ist, die sich hier nicht auskennen. Denn in welchen Straßen man im Berufsverkehr steht, ist vielleicht ziemlich egal, wenn man sich hier nicht auskennt, aber ich mochte dies. Es hat dem Buch einen besonderen Charme gegeben und dass ich in dem Viertel lebe, wo die Morde passiert sind, hat es eben noch realer gemacht. Somit bin ich auch nicht abgeneigt, noch weitere Darmstadt-Krimis von Michael Kibler zu lesen, denn wie ich mittlerweile weiß, gibt es da noch eine ganze Menge von. Lustig, dass ich bisher noch nie etwas davon gehört habe, aber gut, es ist auch nicht unbedingt mein Genre.


Kennt ihr die Darmstadt-Krimis zufällig? Oder habt ihr schon Krimis gelesen, die in eurer Heimatstadt spielen? Wenn ja, wie hat euch das gefallen? Zu Beginn fand ich es ehrlich gesagt etwas gruselig, dass Menschen dort ermordet wurden, wo ich mehrmals in der Woche langlaufe.

[Lesenswert] Die Artemis Fowl-Reihe von Eoin Colfer!

Artemis Fowl ist so ein Name, den ich schon gefühlt ewig kenne und auch wusste, dass er der Protagonist einer enorm erfolgreichen irischen Jugendbuch-Reihe ist. Da ich selbst aber schon zu alt war, als sie rauskam, habe ich es bei diesem Halbwissen belassen, bis ich jetzt plötzlich Band 2-5 vor der Nase hatte und meine Chance witterte, doch noch zu erfahren, worum es hier eigentlich genau geht. Die Verfilmung, die vor nicht allzu langer Zeit negative Schlagzeilen machte, will ich auf jeden Fall nicht sehen, somit bleibt mir ja gar nichts anderes übrig, als die Bücher zu lesen 😉

Um aber wirklich ganz am Anfang zu beginne, habe ich dann zuerst den 1. Band Artemis Fowl beim Puzzlen als Hörbuch genossen und mich von Eoin Colfer in diese magische Welt entführen lassen. Die Verschwörung (Band 2), der Geheimcode (Band 3), die Rache (Band 4) und die verlorene Kolonie (Band 5) habe ich dann aber selbst wieder gelesen und bin nun noch unschlüssig, was ich mit den drei verbliebenen Bänden machen werde. Denn kaufen will ich sie nicht und auch als Hörbuch nicht unbedingt hören, da ich einfach lieber lese (da bin ich aufmerksamer).


Worum geht’s

Die aus insgesamt acht Bänden bestehende Jugendserie dreht sich um den Menschenjungen Artemis Fowl, dessen Vater spurlos verschwunden ist. Gemeinsam mit seinem Leibwächter Butler muss er nun für seine Familie sorgen und da er ganz gut darin ist, Dinge zu stehlen, kommt er in den Besitz des Buchs der Unterirdischen. In dieser Welt wittert Artemis nämlich Gold und hat keine Ahnung, worauf er sich wirklich einlässt, als er die Elfe Holly Short entführt und Lösegeld von der ZUP (Zentrale Untergrund-Polizei) zu erpressen versucht.

In den nächsten Bänden taucht man dann tiefer in die Welt der Unterirdischen ein, die durch Artemis mit der Menschenwelt verbunden bleibt und lernt das Erdvolk, u.a. einen Zentauren, einen Zwerg, Trolle und viele Kobolde näher kennen, die es mal mehr und mal weniger gut miteinander meinen.


Wie ist’s

Eine sehr spannende Reise in eine unbekannte Welt mit interessanten Charakteren und Wendungen, die man nicht immer gleich kommen sieht. Aber eben auch ein Jugendbuch und somit nicht uuuuunbedingt enorm komplex. Meist habe ich die Bücher an 1-2 Tagen durchgelesen und konnte das sehr entspannt machen, da sie leicht und flüssig geschrieben sind. Artemis Fowl ist ein Junge und handelt auch so, wobei er gleichzeitig doch sehr intelligent und frühreif ist. Über die Bände hinweg merkt man, wie er älter wird, was die Bücher auch zu einem Coming of Age Abenteuer machen. Die Reihe wird häufig mit Harry Potter verglichen und ich kann sehen, wieso.

Schön fand ich, dass sich nicht immer nur alles um Artemis Fowl dreht, sondern auch den Nebencharakteren mehr Entwicklungsraum gegeben wird sowie gerne einmal neue Figuren hinzukommen. Dadurch wird es für mich insgesamt spannender und ich hatte keine Langeweile, die vier Bücher direkt hintereinander zu lesen. Danach hätte ich aber auch eine Pause gemacht, selbst wenn ich die restlichen Bücher gehabt hätte, aber ich glaube, als junge Leserin hätte ich mich komplett in dieser Welt verlieren können.

Dass nicht alle Charaktere nur gut oder nur böse waren und dass bei einigen mit einer ordentlichen Portion Ironie geschrieben wurde, hat mir gefallen und die Fantasy-Reihe für mich insgesamt auch etwas erwachsener gemacht. Persönlich könnte ich sie mir gut vorstellen, wenn man mit seinem Kind gemeinsam ein Buch lesen will, wobei man sich auch als Erwachsener nicht absolut langweilt und auch einmal ernstere Themen diskutieren kann. Denn die gibt es, da z.b. auch Tod und Trauer eine Rolle spielen.


Ich freue mich, dass ich jetzt mehr als nur den Namen Artemis Fowl kenne und hatte Spaß! Ist es die intellektuell stimulierendste Lektüre alle Zeiten? Natürlich nicht, aber es ist gut geschrieben Fantasy, die einen in liebevoll entworfene Welten entführt und man gar nicht vermeiden kann, dass einem einige Personen sehr ans Herz wachsen. Werde ich die restlichen Bücher irgendwann lesen? Ja, denn ich will wissen, wie es am Ende ausgeht 🙂

[Lesenswert] Petropolis von Anya Ulinich!

Hätte meine Mama mir Petropolis von Anya Ulinich nicht in die Hand gedrückt, hätte ich es wahrscheinlich nie gelesen. Denn der Zusatz Die große Reise der Mailorder-Braut Sasche Goldberg klang für mich irgendwie nach Kitsch – und ich kann jetzt schon einmal sagen, dass das ein absolut dummes Vorurteil meinerseits war, denn kitschig ist hier gar nichts.


Worum geht’s

Sascha wächst mit ihrer Mutter in der russischen Ortschaft Asbest 2 auf und das ist nun wiederum genauso wie es klingt. Irgendwo halbvergessen im postsowjetischen Sibirien versucht das Mädchen mit jüdischem Namen und zu dunkler Haut sich seiner Umwelt anzupassen, verliebt sich, wird schwanger, erschwindelt sich an einer renommierten Kunstschule in Moskau einen Platz und will doch noch weiter fliehen. Als russische Mailorder-Braut gelangt sie in das so verheißungsvoll klingende Amerika, wo sie zunächst der geplanten Hochzeit in Phoenix entflieht und später erneut aus einem sklavenähnlichen Verhältnis in Chicago abhauen muss..um in Brooklyn anzukommen.


Wie ist’s

Enorm fesselnd geschrieben und man ist sofort Fan von Sascha und sehr neugierig, wie ihr Leben verlaufen wird. Russland in dieser tristen, schweren Zeit wird sehr gut dargestellt und man fühlt die Aussichtslosigkeit mit, die die Jugendlichen (und auch Erwachsenen) hier haben. Wer nicht zum Militär geht, hat quasi keine Chance auf einen Job und muss entweder in eine Stadt ziehen oder sich der Arbeitslosigkeit und Armut hingeben. Kein Wunder also, dass auch Sascha hier weg will und sich Wege sucht, dieses Ziel zu erreichen.

Das ist ein Coming of Age Roman, der für mich alles hat. Er spielt in mehreren spannenden Umgebungen, hat wunderbar unkonventionelle Charaktere, die man näher kennenlernen will und immer wieder (durchaus tragische) Wendungen, die ich nicht habe kommen sehen. Aber nicht nur das Leben in Russland, auch ihre Erlebnisse und Kontakte in den USA sind enorm interessant, da sie sich in Parallelwelten bewegt, die mir selbst unbekannt sind. Die Suche nach ihrem Vater, der selbst schon viele Jahre früher in die USA zog, lässt einen mitfiebern und man wünscht Sascha ein happy end, wenn sie schon ihre Mutter (und Tochter) in Sibirien zurücklassen musste.

Insgesamt hätte das Buch für mich sogar noch länger sein können, da Sascha zwar irgendwie in ihrem neuen Leben angekommen ist, es da aber doch noch viele Hindernisse geben dürfte und ich diese gerne mit ihr gemeinsam erlebt und überwunden hätte. Interessante Themen, teilweise skurrile (aber real wirkende) Geschehnisse, komplexe Charaktere mit Nachhall, gepaart mit einem witzigen, klaren und spannenden Schreibstil haben mich hier wirklich begeistert und ich würde gerne noch mehr von Anya Ulinich lesen!


Kennt jemand von euch zufällig das Buch? Und hattet ihr es auch schon, dass ihr ein Buch aufgrund seines Titels/Covers komplett falsch eingeschätzt habt? Ich mag das ja gerne, denn so werden mir meine Vorurteile immer wieder gut bewusst gemacht 😉

[Lesenswert] Etta und Otto und Russell und James von Emma Hooper!

Vor zwei Wochen stöberte ich im öffentlichen Bücherschrank mal wieder ein wenig auf der Suche nach meinen noch fehlenden Buchstaben (siehe ABC-Challenge 2022) und freute mich sehr, als ich den Roman Etta und Otto und Russell und James von der kanadischen Autorin Emma Hooper fand. Denn das E fehlte mir noch und dieses Buch klang ganz nach meinem Geschmack!


Worum geht’s

Emma ist 83 und hat noch nie das Meer gesehen. Somit macht sie sich auf, über 3000km bis zur Ostküste Kanadas zu laufen und ihr Mann Otto lässt sie ziehen. Nachbar Russell ist allerdings besorgt und versucht, Emma zu finden und zum Umkehren zu bringen. Während ihrer Wanderung trifft Emma schnell auf James, einen Kojoten, der sie von nun an begleitet und ihr mit Rat und Tat zur Seite steht.

Wie ist’s

Ich wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, so sehr wurde ich in die Geschichte von Emma, Otto und Russell hineingezogen (und ja, James war mir auch sympathisch). Zu Beginn bemerkt man es noch nicht, aber Emma leidet an Demenz, die immer stärker auftritt, was von der Autorin zum Ende hin auch im Schreibstil aufgegriffen wird. Die Geschichte wird mit vielen Rückblenden erzählt und man erfährt, wie Emma, Otto und Russell aufgewachsen sind, welche Beziehungen sie zueinander haben und was damals alles passiert ist. Viele Traumata werden aufgedeckt, die das Leben der Personen bis heute bestimmen. Aber auch die Zeitebene springt zwischen Vergangenheit und Gegenwart und so erfährt man nicht nur, wie es Emma auf ihrer Reise geht, sondern auch, wie Otto und Russell mit dieser Veränderung umgehen.

Mir hat der Roman durch diese Vielfalt an Perspektiven und Zeitebenen sehr gefallen, er wurde einfach nie langweilig und ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht. Das Ende fand ich nicht ganz so spektakulär, hier hätte ich mir etwas „mehr“ gewünscht, aber wir können sagen, dass es realistisch war. Der Schreibstil von Emma Hooper gefiel mir sehr gut, er war einfach, aber man musste manchmal zwischen den Zeilen lesen, um zu merken, was da eigentlich gerade passiert ist. Also ein paar Mal musste ich innehalten und die Sätze nochmal lesen, in denen große Dinge passieren, die aber ganz nebensächlich erzählt wurden. Fand ich gut gemacht und mal etwas anderes zur eher ausschmückenden Schreibart anderer Autoren.

Besonders berührt haben mich in diesem Buch die früheren und aktuellen Briefwechsel zwischen Etta und Otto, in denen man manchmal sehr viel herauslesen konnte. Was die Autorin aber auch einfach so stehen lässt und die Sachen nicht später noch aufdeckt. Fand ich interessant gemacht, da es sich wirklich mehr nach „die Story mit den Personen“ erleben anfühlte anstatt der allwissende Beobachter zu sein.

Für mich war das eine tolle Lektüre, die ich zuerst im Sonnenschein im Park und dann abends im Bett gelesen habe und dabei in ihren Bann gezogen wurde. Gleichzeitig hallen einzelne Themen auch noch nach, teils grausame Dinge sind den Personen zugestoßen und man grübelt, wie man vielleicht selbst damit umgegangen wäre und wie man in der jeweiligen Situation gehandelt hätte. Ein spannender Einblick in eine historische Epoche Kanadas, von der ich bisher wenig gelesen habe!


Für mich ein absoluter Glücksfund, also danke einmal wieder lieber Bücherschrank! Im Geschäft hätte ich das Buch nie im Leben gesehen und auch sonst wäre ich wohl eher nicht darauf gestoßen. Jetzt würde ich aber doch gerne noch etwas von Emma Hooper lesen um zu sehen, ob ihr Schreibstil auch in anderen Kontexten funktioniert. Kennt ihr das Buch oder die Autorin zufällig? Hattet ihr auch schon einmal solch einen Glückfund im Bücherschrank?

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