Der Roman Zwischen Welten von Juli Zeh und Simon Urban ist noch nicht sehr lange draußen (Januar 2023) und normalerweise komme ich nie so schnell an Bücher, da ich es ja vermeide, sie zu kaufen. Dieses war aber die Neuerwerbung in der Bibliothek und niemand hatte es vorgemerkt – also versuchte ich mein Glück. Juli Zeh kenne ich natürlich vom Namen her, wirklich etwas gelesen hatte ich bis dato von ihr allerdings nicht!


Worum geht’s

Die beiden ehemals besten Freunde Stefan und Theresa treffen sich nach zwanzig Jahren zufällig wieder und dieses erste Begegnung hat es in sich. Haben sich die beiden doch sehr unterschiedlich entwickelt und sind nun Menschen, mit denen sie früher vielleicht nicht befreundet sein wollten 😉 Während Stefan in Hamburg Karriere bei einer Zeitung machte, musste Theresa nach dem frühen Tod ihres Vaters ihr Studium abbrechen und den Bauernhof übernehmen und beide haben nun eigene, dem anderen teilweise sehr fremde Probleme zu überwinden. Hat ihre ehemals enge Freundschaft da noch Platz?

Wie ist’s

Ich fand es schrecklich, denn mir war niemand wirklich sympathisch, die Art der Kommunikation zwischen Theresa und Stefan enorm unangenehm, viele Aussagen absolut gegen meine eigenen Wertvorstellungen und dass das Buch nur aus Email- und Whatsapp-Nachrichten bestand, ist vielleicht innovativ, aber ich mochte es überhaupt nicht. Mir reicht es ja schon, wenn ich im Bekanntenkreis solche weitergeleiteten Chats lesen muss, das will ich dann nicht noch als Unterhaltung in meiner eigenen Freizeit.

ABER und ja, das ist ein dickes ABER: ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen, denn ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht. Was ich der Erzählkunst von Juli Zeh und Simon Urban zuschreibe, denn die beteiligten Personen waren mir egal, ob es ein Happy End gibt oder nicht auch, aber ich wollte das Ende schaffen und das Buch nicht vorher weglegen (mit diesem Gedanken spielte ich die 100 Seiten ernsthaft). Dabei ging es in Bereiche, in denen ich selten bin, da ich in ganz anderen Umwelten lebe und genau darum geht dieses Buch – den Blick in die Gesellschaft, über den eigenen Tellerrand und dahin, wo es anstrengend und unangenehm wird. Besonders das Thema der Landwirtschaft wurde immer spannender, was ich nicht erwartet habe, aber es hängt eben doch alles irgendwie zusammen.

Der Roman wird als zeitgemäß gefeiert, als Sozialkritik und beides kann ich nachvollziehen, denn diese fiktiven Personen und ihre Meinungen wird es in Deutschland so ähnlich aktuell definitiv geben. Allerdings finde ich, dass das Buch auch auf weniger Seiten schon funktioniert hätte und ich nicht diese vielen, teilweise recht nichtssagenden Seiten (auf die romantische Schiene hätte man komplett verzichten können) dafür lesen muss. Also 100 Seiten weniger in Whatsapp- und Emailstil hätten mir auch gereicht, um alle wichtigen Aussagen rüberzubringen.


Würde ich es empfehlen? Nur, wenn man sich selbst in seiner Freizeit mit einem unbequemen Buch nerven will, welches nur aus geschriebenen Nachrichten zweier ehemaliger Freunde besteht, die sich gerne unterhalb der Gürtellinie beschimpfen. Denn auch wenn ich es nach den ersten 100 Seiten nicht mehr aus der Hand legen wollte, finde ich nicht, dass andere Leute das auch durchmachen müssen. Da gibt es meiner Meinung nach einfach so viel angenehmere Bücher, die einen in andere Welten und nicht in die eigene Realität entführen. Wenn ihr jedoch Lust auf Sozialkritik habt, Fan von Juli Zeh seid (sie schreibt ja häufiger hierin, wie ich jetzt weiß) und euch mit dem Schreibstil im Chat-/Emailformat anfreunden könnt, dann schnappt euch das Buch mal! Ich bin jetzt erstmal wieder in den magischen Realismus Mexikos geflüchtet, da habe ich mehr Spaß dran!