Nachdem ich Altes Land von Dörte Hansen nur so verschlungen habe, musste ich mir natürlich sofort ihre beiden anderen Romane aus der Bibliothek ausleihen. Da ich nun letzte Woche krank im Bett lag, konnte ich sowohl Mittagsstunde (2. Roman) als auch Zur See (3. Roman) von Dörte Hansen innerhalb von zwei Tagen durchlesen und muss sagen, dass ich weiterhin ein kleines Fangirl bin und sehr hoffe, dass sie schon am vierten Roman schreibt!



Worum geht’s

In Mittagsstunde begleiten wir Ingwer Feddersen, der mit 47 Jahren sein Sabbatical an der Uni nutzt, um sich um seine sehr alten (Groß-)Eltern Ella und Söhnke zu kümmern. Hierzu zieht er zurück in seinen Heimatort in der Geest, lebt wieder im ehemaligen Kinderzimmer über dem Landgasthof der Eltern und fragt sich, wann das Dorf eigentlich angefangen hat, langsam (aus) zu sterben.

Zur See wiederum spielt auf einer Nordseeinsel, welche eine Stunde mit der Fähre vom Festland entfernt ist und hat im Fokus die Seefahrer-Familie Hansen, die hier seit 300 Jahren lebt. Hanne Hansen lebt im ehemaligen Kapitänshaus, ihr Mann lieber auf seinem Vogelbeobachtungsturm und auch ihre drei erwachsenen Kinder haben mit dem Inselleben, seinen Touristenströmen und der sich verändernden Dorfkultur zu kämpfen.

Wie sind’s

Beide Bücher drehen sich um die Themen Veränderung, Sterben, Abschied, Neubeginn sowie vom Wandel von Menschen und Orten. Mittagsstunde spielt auf zwei Zeitebenen, was ich sehr mochte, da hierdurch die Geschichten der einzelnen Charaktere und Ort besser greifbar wurden. Man baut viel Empathie auf und leidet mit, während man selbst zu hinterfragen beginnt, was sich im eigenen Leben alles schon so verändert hat. Gleichzeitig fand ich die einzelnen Kapitelüberschriften enorm passend und musste ab und an sehr lachen, wenn etwas eigentlich zu absurd, aber trotzdem noch glaubhaft war (ich sage nur Linedancing).

Zur See war mir persönlich mit 250 Seiten zu kurz, hier hätte man definitiv noch ein bisschen mehr schreiben können, sowohl für die Story als auch für die einzelnen Charaktere, um noch mehr mit ihnen mitfühlen zu können. Denn das Setting „romantisierte“ Nordseeinsel, wo die ehemaligen Bewohner durch reiche Touristen verdrängt und das Alltagsleben der ehemaligen Bewohner komplett verändert werden, ist sehr spannend und aktuell. Auch hätte Dörte Hansen gerne noch etwas mehr in die einzelnen Charaktere eintauchen können, um mir mehr Mensch zu lesen zu geben. Die Personen bleiben unnahbar, etwas kalt, sehr „nordisch“ – wenn ich näher drüber nachdenke, ist das vielleicht eine realistische Abbildung, aber dadurch nicht so leicht, mit ihnen „warm“ zu werden. Also insgesamt absolut nicht schlecht, aber Zur See reicht für mich leider nicht an die beiden anderen Romane und ihre Menschen, die lange in mir nachhallten, heran.


Aber das ist Meckern auf hohem Niveau und es gibt so viele wunderbare einzelne Sätze, Orts- und Stimmungsbeschreibungen, die zu lesen ich wahnsinnig genoßen habe. Allein wie unterschiedlich man Wolken und Himmel beschreiben kann, ist lesenswert und Dörte Hansen transportiert die verschiedenen Stimmungen wahnsinnig gut. Die Verschrobenheit ihrer Charaktere ist glaubhaft, dass Plattdeutsch eingebaut wird, mag ich ebenfalls sehr und ich habe beim Lesen einfach nur Spaß und gleichzeitig immer ein bisschen Angst, dass es gleich schon vorbei ist und noch etwas traurig passiert. Was natürlich dazugehört, aber ach, manchmal will man doch aus der Realität fliehen 😉 Beide Bücher kann ich aus euch weiterempfehlen, aber wenn ihr Altes Land gelesen habt, wisst ihr schon, dass euch hier großartiger Lesegenuss erwartet!


Habt ihr schon etwas von Dörte Hansen gelesen? Wenn ja, wie hat es euch gefallen? Und wartet schon jemand ungeduldig mit mir auf das nächste Buch von ihr?

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