Da ich bisher erst ein Buch dieses Autoren gelesen habe und das vor bestimmt 20 Jahren, musste ich mir direkt einmal Das späte Leben von Bernhard Schlink ausleihen. Sein Werk „Der Vorleser“ hat mich damals lange beschäftigt und somit war ich sehr neugierig, ob auch dieser Roman solch einen Effekt auf mich haben würde. Wenn ja, sollte ich doch definitiv noch mehr von Bernhard Schlink lesen, genug zur Auswahl stehende Romane hat er ja veröffentlicht!



Der 76-jährige Martin erfährt sehr unerwartet von seinem Arzt, dass er nur noch wenige Monate zu leben haben wird, da er Bauchspeicheldrüsenkrebs hat. Geschockt überlegt er, was er in dieser kurzen Zeit noch alles für seine junge Frau Ulla und ihren gerade einmal sechsjährigen Sohn David machen und für die Zukunft ohne ihn mitgeben kann.

Schon nach den ersten Seiten war mir klar, dass ich dieses Buch in einem Rutsch lesen werde, denn auch wenn das Ende klar ist, da der Tod nun einmal nur wenige Wochen entfernt ist, so will man einfach wissen, wie Martin diese Zeit verbringen wird. Er setzt sich intensiv damit auseinander, was er noch machen will und bekommt von seiner Frau die Idee, seinem Sohn etwas für später per Video aufzunehmen. Was Martin in geschriebene Worte umwandelt und seinem älteren Sohn Briefe über verschiedene Themen wie Liebe und Glauben schreibt, aber schnell merkt, dass er ihm aus der Vergangenheit keine wirklichen Ratschläge geben können wird. Somit versucht er, mehr gemeinsame Erinnerungen zu erschaffen, geht mit seinem Sohn wandern, baut eine Komposthaufen im eigenen Garten und verbringt generell sehr viel Zeit mit ihm.

Gleichzeitig bemerkt Martin, dass sich seine Frau Ulla schon vor seiner Erkrankung zurückgezogen hatte und mittags immer einen unbekannten männlichen Besucher in ihrem Atelier empfängt. Er findet heraus, dass sie schon seit längerem eine Affäre hat und diesen Mann auch weiterhin trifft – so verbringt sie z.b. den Nachmittag ihres Geburtstags, dem letzten mit Martin, anstatt mit ihrem Sohn und ihm nachmittags im Botanischen Garten lieber mit dem Unbekannten. Martin versucht zunächst so zu tun, als wisse er von nichts, muss Ulla und ihren Liebhaber aber dann doch mit seinem Wissen konfrontieren.

Eine weitere „Baustelle“, an der Martin noch arbeiten will, sind nicht seine persönlichen Dinge und Manuskripte, sondern Ullas Beziehung zu ihrem Vater, welchen sie nie wirklich kennengelernt hat. Somit macht sich Martin mit Hilfe eines Privatdetektivs auf in die Vergangenheit, die ihn aufs Land und dann auch plötzlich an den Küchentisch von Ullas Großmutter bringt – welche man, wie ihre Enkelin, als sehr kalt beschreiben kann. Nach diesem heimlichen Ausflug merkt Martin, dass seine letzten guten Wochen vorbei sind und beschließt, mit Frau und Sohn ans Meer zu fahren, um dort noch einige Zeit zu verbringen, bevor er sich von ihnen verabschieden muss.


Es ist ein trauriges Buch in drei Akten über das Sterben im höheren Alter, welches mich emotional sehr gekriegt hat und besonders die letzten Seiten waren schrecklich. Aber irgendwie war es auch ein sprachlich grandioses, klares Buch voller Hoffnung, was Martin noch alles für seine Frau, seinen Sohn und sich selbst tun kann, solange er noch lebt. Ganz nebenbei wird immer wieder das Thema der Beziehung zweier Menschen mit großem Altersunterschied behandelt, in welchem der jüngere Partner eben noch sehr viel mehr Zeit hat, alles zu tun, was er will. Ein Buch, welches glaube ich jeden irgendwie berührt, da Erfahrungen oder zumindest das Nachdenken über den (eigenen) Tod etwas allgemeines sind und auch, dass Bernhard Schlink selbst schon 80 ist, hat dieses Buch aus seiner Feder für mich noch besser gemacht.

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