Schlagwort: Elif Shafak

[Lesenswert] Honour von Elif Shafak!

Nach einer kurzen Pause (ich hatte nämlich mehrere Bücher von Elif Shafak gelesen), griff ich mir jetzt doch endlich Honour von Elif Shafak und hach, wurde erneut nicht enttäuscht. Solch eine großartige Erzählerin, die einem gerne das Herz in ihren Büchern bricht und dann doch auch ein wenig dabei hilft, es wieder zusammen zu setzen!


Worum geht’s

Um das Leben dreier Generationen, die es aus der ländlichen Türkei in den 1970er Jahren nach London gezogen hat. In dieser kulturellen Fremde geht es um Glaube, Liebe, Traditionen, Zusammenhalt und der Frage nach der „Ehre“ der Familie, die geschützt werden muss. Verzweifelte menschliche Abgründe werden uns hier nach und nach präsentiert und auf verschiedenen (zeitlichen) Ebenen beschrieben und es wird um Trauer und Verlust gehen.

Wie ist’s

Mittlerweile glaube ich, dass ich jedes Buch von Elif Shafak lieben werde, denn sie kann einfach wahnsinnig fesselnd erzählen. Man fiebert mit jedem Charakter in diesem Buch mit und kann irgendwie nachvollziehen, wieso sie so denken und handeln, wie sie es tun. Man bekommt viel Hintergrundwissen über ihr Aufwachsen und über die Gedankenwelt der Personen präsentiert, wodurch man Empathie aufbauen kann. Die unterschiedlichen Zeit- und Ortsebenen waren zu Beginn etwas verwirrend, danach haben sie aber sehr zum stimmigen Thema beigetragen.

Die Themen rund um Migration und das Ankommen in einer fremden Welt, in welcher man die eigenen Traditionen, die „Heimat“ bewahren will, sind noch immer aktuell. Shafak zeigt hier, wie man an dieser Situation wachsen, aber auch an ihr scheitern kann und wenn sehr viel schief geht, es sogar zu einem solch dramatischem Ereignis wie einem Ehrenmord kommen kann. Während das Buch zwar sehr oft auf diese Tat verweist, geschieht sie dann doch erst für den Leser am Ende des Buches und hat einen Twist, welchen ich bis ganz kurz vorher nicht habe kommen sehen. Somit ist man trotzdem durchgehend gespannt und will wissen, wie es nun endet.

Ich will nicht zu viel von der Story spoilern, aber besonders spannend fand ich, dass eine Schwester nach London, in die neue unbekannte Welt, geht und ihr Zwilling zurück in der Türkei bleibt und dort auf dem Land ihr Leben im gewohnten sozialen Umfeld verbringt. Diesen Kontrast und die Frage, wieso das eine Leben so und das andere Leben so verläuft, fand ich wahnsinnig gut beschrieben sowie die Thematik, was das mit der Beziehung der beiden Schwester macht(e). Ihr seht, wir haben hier so viele kleine Nebengeschichten, dass der Ehrenmord zwar immer präsent, aber einfach etwas in den Hintergrund tritt, da er das Ergebnis vieler anderer Geschichten ist.


Erneut eine absolute Leseempfehlung von mir, wie wohl alles von Elif Shafak. Ihren Bastard von Istanbul habe ich noch hier, aber ich hebe ihn mir noch etwas auf, denn leider kann man ein Buch ja nur einmal zum ersten Mal lesen. Es ist jetzt nicht unbedingt seichte Lektüre für nebenher, aber ein tolles Buch, um in eine andere Welt einzutauchen und somit würde ich es auch als Urlaubsbuch empfehlen, wenn ihr bereit für Themen seid, die ich noch länger beschäftigen werden!

[Lesenswert] The Architect’s Apprentice von Elif Shafak!

Nachdem ich schon zwei Bücher von dieser genialen Autorin verschlungen habe, musste als nächstes noch The Architect’s Apprentice von Elif Shafak dran glauben. Thematisch befinden wir uns in diesem Buch nun etwas weiter zurück in der Vergangenheit und ich war neugierig, wie mir dieses historische Setting im 16. Jahrhundert in Istanbul gefallen würde. Spoiler: 10/10!


Worum geht’s

Wir begleiten Jahan, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt und aus Zufall gemeinsam mit einem weißen Elefanten am Hofe des Sultans ankommt. Mit allem überfordert und einer neuen Rolle (nämlich die des Elefantendompteurs), die er spielen muss, schlägt er sich mehr oder weniger durch und ist gleichzeitig einfach nur fasziniert von dem Leben am Hofe, der Tochter des Sultans, den anderen Tierpflegern und besonders von dem Hofarchitekten Sinan, der seine Begabung erkennt und ihn unter seine Fittiche nimmt. Kriege, Intrigen, Aufstände..sein Leben wird definitiv nicht langweilig, während er seinem Traum, selbst ein Architekt zu werden und perfekte Gebäude zu entwerfen, immer näher kommt.

Wie ist’s

Opulent, wir haben hier sehr viele Geschichten, die ineinander verwoben werden und das Buch zu einer grandiosen Mischung machen. Jahan, unsere Hauptperson und Chota, den weißen Elefanten, muss man einfach mögen und so fiebert man mit den beiden und ihrem neuen Leben am Hofe mit und lernt dabei noch die skurrilsten Elefanten-Fakten. Da das Buch ihre kompletten Leben umfasst, bekommt man sehr viel mit, z.b. wie die unterschiedlichen Sultane herrschen und besonders der Architekt Sinan und seine Prachtbauten spielen eine große Rolle. Es ist prall, märchenhaft erzählt und zieht einen in seinen Bann – und auch wenn man merkt, dass die Geschichten eine traurige Wendung nehmen, muss man einfach weiterlesen, da man wissen will, wie genau es ausgeht.

Elif Shafak entwirft hier eine Welt, die mit der Realität durchaus mithalten kann bzw sind viele Sachen wie der Architekt Sinan und die von ihm entworfenen Gebäude eben von der Wirklichkeit für diese Geschichte ausgeliehen. Mir macht das Buch große Lust, selbst nach Istanbul zu fahren und diese Gebäude noch einmal zu bewundern, nachdem ich jetzt dieses Buch gelesen habe. Geschichte wird hier wieder lebendig und spannend, man lernt bei der Lektüre nebenbei interessante Informationen über das damalige Leben kennen. Die Autorin schafft es auch jedes Mal, dass ich schon beim Lesen am Googlen bin, da ich so viel genauer wissen will, was sie manchmal nur nebenbei anschneidet – das habe ich selten bei Büchern und erfreut mich enorm!

Aber natürlich ist unsere Hauptperson als Junge an den Hof gekommen und somit haben wir auch wieder einen Coming of Age Roman, wo wir den typischen Fragen nachgehen, wer man eigentlich ist oder sein will, welche Träume/Ziele man im Leben entwickelt, der ersten Liebe, Machtspielen etc. Also nichts neues, aber durch die Erzählweise einfach immer wieder spannend und in Kombination mit einem ebenfalls jungen Elefanten-Freund grandios!


Ich freue mich weiterhin, dass ich Elif Shafak entdeckt habe (und frage mich ernsthaft, wieso ich das nicht schon früher getan habe) und habe noch zwei weitere Bücher auf meinem Lese-Stapel von ihr liegen – wenn das so weitergeht, habe ich bis Ende des Jahres alle ihre Werke durch. Sagt, kennt ihr auch ein Buch von ihr und wenn ja, wie hat es euch gefallen?

[Lesenswert] 10 minutes 38 seconds in this strange world von Elif Shafak!

Kaum hatte ich mit meinem ersten Buch von Elif Shafak (The island of missing trees) begonnen, schaute ich schon nach, welche weiteren Werk es von ihr in meiner Bibliothek gibt. Ich hatte Glück, denn es gab noch drei weitere Romane und ich entschied mich, als nächstes 10 minutes 38 seconds in this strange world von Elif Shafak zu lesen. Was ich erneut absolut nicht bereue, sondern nur hin und weg von ihrem Storytelling bin!


Worum geht’s

Das Buch beginnt mit der Ermordung Leila’s, der Hauptperson unseres Buches. In ihren letzten Minuten erinnert sie sich mit Hilfe von Gerüchen an wichtige Momente in ihrem Leben, die alles sehr viel tragisches haben: ihre Kindheit mit zwei Müttern, einem streng-religiösem Vater und einem behinderten Bruder in der ländlichen Türkei; ihre Flucht nach Istanbul, wo sie schnell als Prostituierte in einem Bordell landet und ihre große Liebe, die leider viel zu schnell endet..doch hat sie in ihrem Leben auch fünf sehr gute Freunde gefunden, die auch noch nach ihrem Tod wichtige Rollen in ihrem Leben einnehmen.

Wie ist’s

Ich mag die Erzählweise von Elif Shafak einfach unheimlich gerne, da man sich sofort mit den unterschiedlichen Charakteren identifiziert und so viel mit(er)lebt und noch mehr mit ihnen leidet. Leila hat absurd viele Hürden in ihrem Leben zu überwinden, die einfach nicht fair sind und trotzdem ist das Mädchen/die Frau voller Lebensenergie. Sie hat tolle Freundschaften in ihrem Leben geschlossen, die sehr unterschiedlich und somit für den Leser spannend zu erkunden sind.

Man erhält hier so viele unterschiedliche Eindrücke in Orte, Denkweisen und vergangene Zeiten, die man manchmal geradezu riechen und schmecken kann, so gut werden sie beschrieben. Besonders den Kardamonkaffee habe ich beim Lesen nur so gedanklich inhaliert. Elif Shafak verzaubert, schreibt aber gleichzeitig mit leichten Worten über sehr drastische Geschehnisse, die einen sprachlos-verzweifelt zurücklassen. Denn das so wirklich mit Menschen umgegangen wird, ist zwar einerseits unglaublich, andererseits aber die harte Realität (z.b. dass es einen Friedhof gibt, auf dem in Istanbul alle Menschen bestattet werden, die nicht in die Gesellschaft passen).

Thematisch befinden wir uns zunächst in einem Coming of Age-Roman, in welchem es viel um das Heranwachsen eines Mädchens und die Rechte/Stellung von Frauen geht. Welche Bildung sollen sie bekommen, wen heiraten und was wird familienintern alles totgeschwiegen? Danach flüchten wir gemeinsam mit Leila nach Istanbul und an den Rand der Gesellschaft, zu Prostituierten, Transgender, Flüchtlingen und allen anderen, die von ihr nicht als „normal“ angesehen werden. Auch Politik spielt eine Rolle, wobei wir uns natürlich auf der Seite abseits der herrschenden Regierung befinden. Aus all diesen Bereichen sammelt sich Leila ihre Freunde zusammen, mit denen sie sich ihre eigene Welt aufbaut und so gut es geht, darin glücklich zu werden..bis sie plötzlich ermordet wird und ihre Leichnam auf den abseits gelegenen, anonymen Friedhof der Ausgestossenen (Shafak nennt ihn den „Cemetery of the Companionless“) kommen soll. Das können die Freunde aber einfach nicht geschehen lassen und hier wird das Buch noch einmal ziemlich handlungsreich und hat einige überraschende Wendungen parat.


Erneut war ich absolut gefesselt und konnte das Buch nicht aus der Hand legen, da ich immer weiterlesen wollte und so gespannt war, was sich Elif Shafak noch ausgedacht hat. Für mich ist das enorm gutes Erzählen, das mich in eine mir fremde Welt entführt, mir nebenbei noch Informationen gibt, die ich bisher nicht hatte und gleichzeitig einfach wahnsinnig gut unterhält. Für ein Wochenende, an dem ihr nicht aus dem Haus gehen wollt oder zumindest nur mit Buch, kann ich bisher beide Bücher von ihr uneingeschränkt jedem empfehlen – aber Achtung, vielleicht werdet ihr ebenso süchtig nach ihnen wie ich es mittlerweile bin. Denn ja, ich lese schon wieder ein Buch von ihr und bin erneut in der Geschichte gefangen!

[Lesenswert] The island of missing trees von Elif Shafak

Seit Jahren stehen die Bücher dieser Autorin schon auf meiner Liste und irgendwie bin ich nie dazu gekommen. Somit habe ich mich umso mehr gefreut, als ich The island of missing trees von Elif Shafak in der Bücherei entdeckte. Wie erwartet, habe ich es nur so verschlungen und mir schon zwei weitere Romane von ihr ausgeliehen! Absolute Lese-Liebe!


Worum geht’s

Die beiden Teenager Kostas und Define verlieben sich, aber das darf im Jahr 1974 auf Zypern nicht öffentlich werden. Denn Kostas ist ein griechischer Christ und Defne eine muslimische Türkin, die sich nur in einer Taverne, im Schutz zweier Freunde und eines Feigenbaumes, im Verborgenen treffen können. Dann bricht jedoch ihre Welt zusammen, denn im Sommer wird der Norden Zyperns von türkischen Streitkräften besetzt und es kommt zu nicht vorstellbarem Blutvergiessen zwischen ehemaligen Nachbarn, Freunden, anderen Zyprern und auswärtigen Soldaten. Jahrzehnte später erfährt Ada, die Tochter der beiden, die in England aufgewachsen ist, nach und nach von diesen Erlebnissen, da sie zum ersten Mal ihre Tante (mütterlicherseits) kennenlernt.

Wie ist’s

Schmerzhaft und grandios. Elif Shafak schreibt so wunderbar, dass ich ihr selbst nicht übelnehme, dass sich ein Feigenbaum in einen Menschen verlieben kann und eine eigene Stimme in diesem Buch bekommt. Denn genau diese Erzählerperspektive ist notwendig, um die komplexe, auf verschiedenen Zeitebenen spielende Geschichte vollständig dem Leser zu vermitteln. Man leidet – mit Kostas, Defne, Ada und allen Menschen, die während dieser Tragödie auf Zypern lebten und noch immer mit der Aufarbeitung zu tun haben. Persönlich war mir der Zypernkonflikt zwar bekannt, aber mich intensiver damit auseinandergesetzt habe ich mich erst jetzt. Und habe dabei wirklich erschreckende Sachen gelernt, die mir einfach nicht bewusst gewesen sind.

Die einzelnen Charaktere sind mit Liebe entworfen, sie überraschen einen, bringen einen zum Lachen, zum Weinen und besonders zum Nachdenken. Neben politischen und historischen Fakten lernt man auch sehr viel über Natur, sei es besonders über Bäume, aber auch andere Pflanzen und Tiere Zyperns sowie etwas rund um das Thema „Ausgrabung von menschlichen Knochen“. Was ich alles nicht erwartet habe, es mich aber umso mehr fesselte und den einzelnen Charakteren und Nebenstories mehr Tiefe verlieh. Natürlich ist Coming of Age gleich zweifach ein Thema: einmal die beiden Teenager, die sich heimlich treffen mussten und dann lange Zeit später ihre Teenagertochter, die ihre eigene Welt, ihren Platz darin und ihre Geschichte zu hinterfragen beginnt. Dass dies verwoben wird, fand ich ganz großartig konstruiert!


Ich habe überhaupt nichts an diesem Buch auszusetzen (sogar die Länge ist perfekt), es ist für mich eine begeisternde 10/10 und ich kann es nicht abwarten, alle anderen Werke von dieser Autorin zu verschlingen. Wer sich in eine andere, aber doch nicht so andere Welt entführen lassen und viel fühlen will, das ist euer Buch!

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